National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0238 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 238 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000262
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

226   Hedin, Reisen in Zentralasien.

Juni so unbedeutend sein kann. So fand ich bei Sil, in der Nähe der Aksu-darja-Mündung, nur 7,5 cbm ! Wahrscheinlich wurde aber diese Stelle schon Mitte Juni unpassierbar, und dann , Ende Juni, wächst — wie Pjewzow gefunden hat — die Wassermenge auf das Hundertfache des erwähnten Betrages.

Dieser kolossale und in einer oder ein paar Wochen vor sich gehende Zuwachs des Flusses beruht auf folgendem. Wenn der Flufs Anfang Juni anfängt schnell zu schwellen, wird der Druck auf den Damm endlich unwiderstehlich ; derselbe wird durch die gewaltige Wassermenge gesprengt und verschwindet jedes Jahr spurlos, nachdem er 2, nur selten 2 2 Monate seine Dienste gethan und seinen Zweck erfüllt hat. Wenn aber einige Tage später das eigentliche Hochwasser kommt, wird jedenfalls das Niveau des Flusses so hoch, dafs Wasser in den Bifurkationsarm ohne irgend welche künstliche Nachhilfe hineinströmt, — ja, in der Hochwasserperiode schwillt der Arm C so beträchtlich an , dafs er jedes Jahr geschlossen werden mufs, und die Einwohner müssen an seinem Ausflufs aus dem Jarkent-darja aufpassen, dafs nicht zu viel Wasser hineinströmt. Auf diese Weise ist die Gegend von Maral-baschi jeden Sommer von verhängnisvollen Überschwemmungen bedroht. Die alljährlichen Arbeiten bei a sind also so wichtig, dafs, wenn der Damm nicht aufgeführt würde, die ganze Ernte von Maral-baschi verloren gehen würde, und wenn der Zuflufs nicht beschränkt würde, so ginge die Ernte wegen zu viel Wassers verloren. Es ist dies eins der grofsartigsten Beispiele von Bewässerung, die ich in Zentralasien gesehen habe.

Vom rechten Ufer des Flusses gehen etwas oberhalb des Punktes a zwei kleinere Flufsarme aus, die natürlich bei der Arbeit aufser Acht gelassen werden. Wie ich weiter unten erwähnen werde, fanden wir später mehrere solche kleine Flufsarme am rechten Ufer

des Jarkent- da,rja.   Sie stellen neue Bestrebungen der Wassermasse , sich noch weiter
nach 0 zu verschieben, dar.

Bei a soll der Flufs fast doppelt so breit wie bei Lajlik (s. unten) sein; die Tiefe ist deshalb unbedeutend und die Stromschnelligkeit gering, was alles die Arbeit fördert. Im April soll das Wasser den Arbeitern nur bis zu den Weichen reichen , so dafs sie ungehindert im Flufsbett arbeiten können. Die aus Pappelstämmen gemachten Pfähle sind 5 m hoch und werden mit Keulen in das Flufsbett hineingetrieben; sie stehen recht dicht nebeneinander (10 oder 20 cm). Fast jedes Jahr gehen Menschenleben bei dieser Arbeit verloren. Man erzählte mir, dafs in alten Zeiten die barbarische Sitte geherrscht habe, beim Füllen des Dammes auch einen Mann hineinzuwerfen. Dieses Opfer sollte die Ernte besonders günstig gestalten und Segen für die ganze berieselte Gegend herbeiführen.

Die chinesischen Behörden überwachen das Unternehmen. Die Arbeit beginnt etwa am 1. April und dauert 40 Tage. Jeder Arbeiter bekommt im Tagelohn ein wenig mehr als einen kaschgarischen tenge , von welchen im Durchschnitt 10 auf 1 Rubel gehen. Sie lagern unter freiem Himmel um grofse Feuer. Jarkent liefert 500, Merket 190, Jantaklik 180, Terem - Mogal 180, Maral - baschi 180 und Sugett (auf dem Wege nach Ak- su gelegen) 180 Arbeiter; 1410 Mann werden also jedes Jahr aus der Umgebung für diese Arbeit in Anspruch genommen. Die Beks der betreffenden Ortschaften haben nachzusehen, dais die volle Zahl aufgeboten wird, und an Ort und Stelle hat ebenfalls ein Bek die Aufsicht. Jede Ortschaft , mit Ausnahme von Jarkent , hat 3 „arabas" zu stellen für den Transport des Baumaterials und ist zur Verproviantierung der Arbeiter verpflichtet.

Der Bifurkationsarm , für den ich keinen besonderen Namen hörte , ist nach Aussage der Eingeborenen, und wie ich auch selbst an dem Punkt , wo ich ihn kreuzte , sehen konnte , vollkommen natürlich ; jedoch mufs man nachsehen , dafs er sich keine Unregelmäfsigkeiten erlaubt , und deshalb müssen hin und wieder kleine Dämme an den Ufern aufgeführt werden. Er wird gewöhnlich „jar" genannt, nicht wie die künstlichen Kanäle „arik" . Man behauptete , dafs in alten Zeiten die ganze Wassermasse durch dieses Bett strömte, wobei der Nebenflufs Kaschgar - darja sich schon in der Nähe des jetzigen Maral-