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0057 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 57 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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Voll Khotan durch die Wiiste nach dein Kerija-darja und weiter nach Schall-,jar. l

Teil des Kerija-darja.   An den Ufern breiten sich Sümpfe aus, der Kamisch wächst

bisweilen aufserordentlich dicht. In der Gegend Jiggde-kessken , wo einige Hirten sich mit ihren Herden aufhielten , zeigte dieser Teil des Flusses eine Neigung, sich in Arme zu zersplittern, die sich jedoch oft wieder vereinigen. Mehrere von diesen Armen waren jetzt trocken ; das Hauptbett hat gewöhnlich eine offene Rinne, in der Wasser strömt. Bisweilen schnürt sich dieses Bett bis auf einige Meter Breite zusammen, aber auch bier strömt Wasser unter dem Eise. Zwischen den niedrigen Sanddünen an den Ufern sendet der Arm bizarre Eistrümer aus ; hin und wieder sind Tamariskenkegel aufserordentlich allgemein ; der Arm macht die wildesten Krümmungen und Mäander. Das Bett scheint in lauter Sand zu liegen , und man wundert sich , dafs das Wasser nicht ganz und gar einsickert, doch bildet wohl der mitgeführte Schlamm eine dünne, undurchdringliche Schicht über dem Sand. In der Gegend Taschkan verliefsen wir dieses Bett, welches durch die nach den Seiten sich ablösenden Arme allmählich immer kleiner geworden war, und wendeten uns nach NO, immer von ortskundigen Hirten begleitet. Nun gingen wir wieder eine Strecke in einem alten, trockenen Bett mit halbbegrabenem Treibholz ; sonst war die Landschaft viel mehr offen als bis jetzt; der Wald kam in kleinen, durch grofse steppenartige Lichtungen unterbrochenen Gruppen vor ; der Horizont wurde jedoch immer durch Wald geschlossen ; sterile Sanddünen waren bier nirgends zu sehen; die Gegend war aufserordentlich eben. Noch ein paarmal kreuzten wir das alte Bett; dafs dies wenigstens bier schon längst vom Wasser verlassen war, zeigten die sich jetzt dort bildenden, freilich augenblicklich nur meterhohen Dünen. Endlich kamen wir wieder in dichten Wald mit alten, schönen Pappeln hinein und fanden bei den „agilen" von Tjugutmek wieder das eigentliche Hauptbett des Flusses. Der Arm, dem wir auf der letzten Strecke des Marsches gefolgt waren, löst sich wenig oberhalb Taschkan vom Hauptflufs.

Die Gegend , in der wir uns jetzt befanden , hatte mit einem Wort in einem be-

trächtlichen Grad ihren Charakter geändert.   Bei Jugan - kuin bildet der Kerija - darja
ein ziemlich scharf markiertes Hauptbett, das jedenfalls so tief in den Boden eingeschnitten ist, dafs das Wasser sich nur in sehr geringem Grade nach den Seiten ausbreiten kann ; der Wald bildete an beiden Ufern einen schmalen Rand , von den andringenden Sanddünen bedroht. Schon bei Jugan-kum und Tongus-basste nimmt sich aber das Wasser gewisse Freiheiten. Wir fanden hier das Bett Kitjik-darja am linken Ufer , und an der östlichen Seite des Flusses gibt es ein Bett, von dem weiter unten die Rede sein wird. Bei Taschkan sendet der Flufs noch jetzt Arme aus, die entweder verloren gehen oder sich wieder vereinigen. Der Name Arka-tjatt ist deshalb recht bezeichnend; „arka" bedeutet hintere, „tjatt" eine Gegend, die von zwei Flufsarmen eingeschlossen wird, wie eine Halbinsel. Der Flufs beginnt hier in der That, wie wir gesehen haben, diese im Wald oder Sand sich verlierenden Seitenarme auszusenden, welche „taschkan-su", d. h. weggeworfenes, verlorenes Wasser genannt werden. Gleichzeitig wird der Waldgürtel immer breiter und die Kamischfelder sehr ausgedehnt ; Sand ist nicht mehr sichtbar ; wir reiten wie in einem Deltagebiet. Die meisten Seitenarme sind , wie die Hirten versicherten , und wie es auch aus den Terrainverhältnissen hervorgeht, nur ein oder ein paar Jahre alt; sie werden bald wieder verlassen und neue Arme bilden sich. Diese Veränderungen der Wasserläufe haben natürlich in hohem Grade dazu beigetragen , die ganze Gegend zu nivellieren und alle Unebenheiten wegzuführen, und dank dieser deltaartigen Ausbreitung des Wassers ist auch das Waldgebiet viel ausgedehnter als höher hinauf am Flusse. Bei Tjugutmek glaubten die Hirten , das Eis würde innerhalb eines Monats aufgehen , um eine mächtige Frühlingsflut zu verursachen , welche jedoch nur 3 bis 4 Tage dauern soll und sich weit nach Norden ausdehnt. Dann wird das Bett ganz trocken, und man mufs sich mit Brunnenwasser begnügen. Im Juni kommt der grofse „ak-su", welcher viel mächtiger ist als dip Frühlingsflut.

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