National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0097 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 97 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000262
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

Reise nach der Gegend Lop.   85

nur während der drei Wintermonate auf, die Bewegung des Sandes dagegen ist nur drei Monate , und dies mit Unterbrechungen , thätig, obgleich auch in anderen Jahreszeiten als im Frühling Winde und Stürme vorkommen können. Sobald aber das Wasser sich in den Seen ausbreitet, wird es stillstehend ; nur eine schwache, kaum für das Auge bemerkbare Strömung ist in der Mitte der Seen, wo die offenen Stellen gelegen sind, vorhanden. Die Bewegungskraft des Wassers wird damit gleich Null, wogegen die Bewegungskraft des Sandes immer fortdauert. Die vorrückenden Sanddünen wurden vom ruhigen Wasser nicht unterminiert, sondern nur ein wenig aufgehalten; daher schoben sie unwiderstehlich gegen WSW weiter vor. So konnten sie im Laufe der Zeit die ganze Seenkette aus deren anfangs östlichen Richtung eine südöstliche und schliefslich südsüdöstlichen Erstreckung ablenken. Die Linie, welche den Aufsenrand der Seenkette bildet, hat sich also wie um eine Achse gedreht , und diese Achse liegt an der NO-Ecke des Avullu-köll. Es steht meines Erachtens aufserhalb jeden Zweifels, dafs diese Drehung noch lange fortdauern wird, bis die Linie eine südliche, südsüdwestliche und endlich südwestliche Richtung bekommen wird. So lange aber der Ilek vom Bagrasch-köll mit Wasser versehen werden wird, bleibt auch der Avullu-köll an derselben Stelle wie heutzutage, vorausgesetzt, dafs nicht der Flufs, wie in früheren Zeiten, nochmals sein Bett ändert.

Am 7. April batten wir noch während der halben Tagereise den Kara-köll zur Rechten. Sehr oft kreuzten wir lange, schmale, gegen Osten gerichtete Busen, die, weil das hier ganz und gar stillstehende Wasser salzig ist, jeder Vegetation entbehren, gegen Westen dagegen im

dichten Kamisch verschwinden. Ebenso allgemein waren die „dasch", d. h. vom See schon abgeschnürte, bittere, salzige Tümpel. Schon beim ersten Anblick findet man, dafs die schmalen Busen binnen kurzer Zeit in solche „dasch" verwandelt werden müssen. Die Seen sind somit an der östlichen Seite von einem ganzen Gürtel von Salztümpeln umgeben. Östlich von diesem Gürtel sahen wir mehrmals Tümpel, die erst kürzlich versiegt, aber

noch durch den feuchten Boden kenntlich waren. Rechter Hand , d. h. am Ufer batten wir die Busen, die in der nächsten Zukunft beim Vorrücken des Sandes in neue Tümpel verwandelt werden müssen. Der Sand macht also allmählich und schrittweise seine Eroberungen und frifst den östlichen Rand der Seen wie eine verzehrende Krankheit.

Ebenso wie wir im Sand, zwischen den Dünen, Buchten, Tümpel und verschwindende Tümpel wahrnehmen, so finden wir auch im See kleine Sandhalbinseln, Sandinseln und seichte Stellen. Der Tümpelgürtel bezeichnet die Zone , welche in der letzten Zeit vom Sand in Besitz genommen worden ist; der Gürtel der Inseln und Halbinseln ist die Zone, wo sich der Sand vorbereitet, in der nächsten Zukunft einzudringen.

Ebenso wie die Salztümpel drei Zonen bilden oder richtiger drei Stufen ihrer Entwickelung zeigen , und zwar : 1) wenig salzige Busen , 2) fertiggebildete Tümpel und 3) verschwindende Tümpel, so finden wir auch in dem hier freilich nur spärlich vorkommenden Wald drei Zonen : 1) östlich „köttek" oder alten abgestorbenen Wald , 2) lebenden alten Wald, und 3) westlich , dicht am Seeufer, jungen , neugebildeten Wald. Das heifst, der Wald, obgleich hier oft licht und unterbrochen , wandert mit den östlichen Rand der Seen gegen Westen. Dieses Verhältnis wurde gegen Süden zu immer deutlicher.

Eine grofse Sandhalbinsel („modjuk") bildet die Grenze zwischen den Seen Kara-köll

und Tajek-köll (Tajek ist der Name eines Loplik, der hier einst wohnte). Diese von den Eingeborenen erfundenen Grenzen sind nicht viel wert ; geographisch genommen bilden die vier Becken nur einen langgestreckten See , in dessen Gebiet freilich hier und da kräftige Einschnürungen vorkommen. Die Natur des Tajek-köll ist ganz dieselbe, wie bei den vorigen, doch sind die offenen Wasserflächen hier allgemeiner. Strömung des Wassers konnte hier nicht mehr wahrgenommen werden.

Das Gelände ist hier unglaublich schwierig. Es werden nämlich die Tamariskenkegel eine allgemeine Erscheinung , und auch sie sind in einer ununterbrochenen Zone am See-