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0094 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 94 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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82   Hedin, Reisen in Zentralasien.

Wie alle Flüsse im unteren Stromgebiet des Tarim - Systems ist auch der Ilek tief in den Boden eingeschnitten und ähnelt einem von Menschenhand gegrabenen Kanal. Es ist höchst auffallend, dafs, je weiter wir gegen Osten und Südosten kommen, desto tiefer und energischer die Flufsbetten eingeschnitten sind , obgleich man erwarten sollte , dafs wegen des kleineren Gefälles bzw. der geringeren Geschwindigkeit des Wassers das Gegenteil eintreten müsse. 0,61 m über dem jetzigen Wasserstand wurde eine Wasserlinie eines höheren Standes beobachtet. Vielleicht hatte der Flufs schon jetzt wegen der Bewässerung in der Korla-Gegend zu sinken angefangen, oder es kommen auch Schwankungen im Verhältnis der Delta -Arme zum Ilek vor; sie können z. B. durch mitgeschlepptes Schilf und Treibholz verschlossen und dann mit einemmal wieder geöffnet werden, so dafs der Ilek, wenn auch nur für eine sehr kurze Zeit, steigt. Wenn der Stand 0161 m höher ist als jetzt, mufs die Wassermenge bis 20 und 24 cbm steigen.

Der Ilek tritt aus dem Maltak - köll in einer Gegend aus, welche Baj - bulung genannt wird und unbewohnt ist. Bei Ürdek-jagutsch wohnen während des ganzen Jahres Hirten, die auch Fischfang betreiben ; jedoch wechseln sie von Zeit zu Zeit ihre Weideplätze. Zwischen Ilek und Kurruk-tag breitet sich eine zwei Tagereisen breite sterile Wüste aus. Während der zwei letzten Jahre soll nach Aussage der Hirten der Ilek nach und nach gefallen sein. Im Mai und Juni wird das Wasser sehr niedrig, und erst im Oktober fängt wieder lebhafter Zuflufs an, im November gefriert es, und das Eis bleibt drei Monate liegen.

Am 2. April folgten wir dem linken Ufer des Ilek nach SO durch hohen , schweren Sand ; es war aber nicht die regelmäfsig gebaute Düne der offenen, freien Wüste, sondern sehr unregelmäfsige Anhäufungen von Sanddünen. Nur wo die Pappeln etwas dichter wachsen , ist der Sand niedriger und mehr eben ; am rechten Ufer , d. h. zwischen Ilek und Kuntjekkisch - tarim ist der Vegetationsgürtel viel breiter , der Wald dichter und die Dünen niedriger , oft rudimentär. Von dem in den Boden tief eingeschnittenen Flufs, welchen wir in der unmittelbaren Nähe rechts haben, sehen wir nicht viel; er wird durch die Vegetation, vor allen Dingen vom hohen, dichten Kamisch versteckt. Der Flufs windet sich in scharfen Krümmungen und Mäandern, behält aber im allgemeinen ungefähr dieselbe Breite bei. Es wäre leichter und bequemer gewesen, am rechten Ufer zu wandern, aber ich wollte eben in dieser Weise eine Kontrolle ausüben , dafs kein Tropfen Wasser nach einem eventuell östlich gelegenen See unbemerkt entweichen könnte. Auf unserer Wanderung gegen SO und S hatten wir auch in der That immer alles Wasser rechts und allen Sand links , obgleich wir bisweilen wegen der an den Ufern sich am höchsten erhebenden Dünen kleine Abstecher in deren Gebiet machen mufsten.

In der Nacht zum 3. April wehte ein heftiger östlicher Wind, der so warm war, dafs

die Minimaltemperatur auf 9,9° stehen blieb, und der Wind setzte sich den ganzen folgenden Tag fort. An einer Stelle hatte sich der Sand in so mächtigen Dünen angehäuft, dafs die Kamele nur mit Schwierigkeit vorwärts kamen. Hier schien der Wald zurückgedrängt oder fast im Sand begraben zu sein, aber später wurden wieder die Dünen immer niedriger und der Wald dichter. Der Sand war hier härter und ebener und mit Gesträuch bewachsen. Bei einer von den schärfsten Krümmungen des Flusses, wo sich der Sand wieder auftürmte, wurde die Gegend Turfan-köuruk , d. h. Turfan-Brücke genannt. Es gibt hier weder Menschen , noch Spuren menschlicher Thätigkeit ; der allein in der Einöde zurückgebliebene Name zeigt aber offenbar an, dafs hier einst ein Weg von Turfan her den Flufs gekreuzt hat. Wie meiner Wegweiser, ein Loplik, der 50 Jahre lang sich in der Gegend aufgehalten hatte, erzählte, soll ein Bek vor etwa 80 Jahren von Zeit zu Zeit aus Turfan nach dieser Gegend sich begeben haben, um die Steuern ein zutreiben. Er kam immer von Tograk - bulak und hatte auch über den Ilek eine Brücke gebaut. Diese Brücke und der Weg waren aber schon längst verschwunden. Der Name Turfan-karaul am Kontje-darja

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