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0061 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 61 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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Von Khotan durch die Wüste nach dem Kerija-darja und weiter nach Schah-jar. 49

Pappeln, sonst Kleinwald und Dickicht , alles — stellenweise auch für Fufsgänger — absolut undurchdringlich. Hier mufsten wir uns im Bett halten und seinen Krümmungen treu folgen ; es ist wie eine Strafse mit eigentümlichen und pittoresken Perspektiven. Durch diesen Urwald öffnen sich nur an den Ufern wie Tunnels die Pfade der Wildschweine, und der Boden des Bettes ist von kleinen Gruben und Löchern bedeckt, wo diese

Tiere und auch Hasen Kamischwurzeln ausgegraben haben. Dann wird der Wald wieder lichter, das Bett seichter, und die Breite steigt stellenweise zu 60 m und mehr. In den Vertiefungen des Bettes liegen hin und wieder ungeheure Anhäufungen von vergilbtem Pappellaub des vorigen Herbstes. Jetzt treten wieder Lichtungen auf, deren Boden von Kamischfeldern eingenommen wird. In der Gegend von Koschlasch, wo wir lagerten, war der Wald noch prachtvoll.

In einer Höhlung im Bette, dessen Boden sich 2 2 m unter dem Ufer befand , wurde

ein Brunnen gegraben. Er führte zuerst durch steinhart gefrorenen Thon (0,41m), dann durch ein Sandlager, wieder Thon, und endlich fanden wir Wasser in einem zweiten Sandlager, das auf einer dritten Schicht von sehr feinem, blaugrauem, zähem Thon ruhte; die Tiefe betrug 1,85 m, die Temperatur des Wassers 7,85'; das herrlich süfse Wasser sickerte langsam aus dem Sande hervor und blieb auf der Thonschicht stehen.

Warum die Gegend Koschlasch, d. h. „Zusammenflufs, Vereinigung von zwei Wasserarmen", genannt wird , konnten mir selbst die Hirten nicht erklären. Von einer Vereinigung der beiden periodischen Betten kann nicht die Rede sein , vielleicht handelt es sich nur um Zusammenfluls eines kleinen Seitenarmes mit dem Hauptflufs.

Von Koschlasch nach Lager XXII. Obgleich wir jetzt den Flufs hinter

uns haben und vor uns bis nach dem Tarim nur die Wüste , werde ich doch in diesem Zusammenhange noch zwei Tagereisen beschreiben , d. h. das Übergangsgebiet, in dem wo auch die Spuren des alten Bettes verloren gehen , oder mit anderen Worten , wo die Fortsetzung des Bettes vom Treibsand allmählich verwischt wird. Am Morgen dieses Tages (11. Februar) kehrte der letzte Hirte zurück, und wir batten jetzt nur das alte Bett und den Kompafs zur Richtschnur. Wir verliefsen jetzt den ,Wald rechter Hand; derselbe hört bald darauf ziemlich schnell auf, wir sahen dann keinen Wald mehr und kreuzten eine offene Kamischsteppe mit Tamariskenkegeln ; stellenweise ist der Kamisch noch aufserordentlich dicht; an anderen Stellen hat schon der Sand überhand genommen. Pappeln und Tamarisken wachsen dann vereinzelt, aber immer seltener. Wir gehen wieder im trockenen Bett, wo nur eine kleine gefrorene Wasseransammlung in einer Vertiefung stand, rings umber von zahllosen Kamelspuren umgeben. Rechts stehen wieder die Tamarisken dicht, dann wird das Bett teilweise von den anrückenden Dünen verschüttet; die steilen Abhänge sind immer nach Westen gerichtet. Das Bett wird nach jedem Kilometer immer undeutlicher und von Sandgürteln überschüttet. Zwischen den Dünen treten jedoch sehr oft solche trockene , poröse, harte Lehmkanten, wie Treppenstufen oder niedrige Terrassen aussehend , hervor , wie wir sie aus den inneren Teilen der Wüste kannten; sie sind die letzten deutlichen Spuren des Bettes. Dann treten wieder allmählich Tamarisken auf, immer auf Kegeln thronend, und zwischen den Kegeln erstrecken sich niedrige Sanddünen ; hier und da steht noch eine einzelne Pappel ; hoher, steriler Sand ist noch nicht sichtbar. Immer allgemeiner wird dagegen der „köttek" oder abgestorbene Wald, der wie ein Beweis dafür zurückgeblieben ist, dafs der Flufs sich einst bis hierher erstreckt hat, der Kerija-darja zieht sich aber mit der Zeit wegen klimatischer Veränderungen allmählich nach Süden zurück, und der Wald wird seiner notwendigen Lebensbedingung, des Wassers, beraubt, stirbt deshalb schrittweise von Norden nach Süden ab. Eben in diesem Übergangsgebiet waren die wilden Kamele am allgemeinsten, und bier wurden drei Exemplare geschossen.

Der Boden beim Lager XXII war zum Brunnengraben ungünstig ; auf 3,2 m Tiefe

Hedin, Reisen in Zentralasien.   ?