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0146 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 146 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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134   Hedin, Reisen in Zentralasien.

bewegt hat. Was die weiter östlich gelegene Gegend betrifft, so erfahren wir jetzt, dafs der Tarim sich in einen nördlich vom Kara-koschun gelegenen See, Utschu-kul, ergossen hat.

Von dem alten Utschu - kul ist der Punkt, wo das alte Bett vom Tjertjen -darja sich vom

jetzigen Flufsbett (wenig östlich von Tatran) scheidet, nicht weniger als 300 Worst entfernt. Es handelt sich also nicht um eine lokale Verschiebung im engeren Sinne, welche einfach

von zufälligen und oberflächlichen physischen Faktoren diktiert worden ist; denn wäre dies der Fall gewesen, so hätte gewifs nicht das ganze hydrographische System, Flufsläufe und Seebecken am Nordfufse des Astun-tag, so gleichmäfsig und überall in demselben Sinne seine Lage geändert, und was noch mehr ist — ich werde das weiter unten zeigen können —, dafs der untere Tarim und der untere Tjertjen-darja gleichzeitig ihre Betten geändert haben. Eben diese gesetzgebende Gleichmäfsigkeit spricht dafür, dais die Ursache unseres Phänomens eine konstant wirkende endogene Kraftäufserung sein mufs, und diese müssen wir, soweit ich sehen kann , mit Notwendigkeit in den sekularen Niveauveränderungen suchen. Zwar haben wir keine direkten Mittel in der Hand , um die Existenz dieser Veränderungen hier im Herzen des gröfsten Kontinentes zu verfolgen und zu messen; aber eben die Thatsache, dafs das Lop-nor-Becken schrittweise von N nach S gewandert ist, deutet darauf hin, dafs auch hier Niveauveränderungen vor sich geben. Und diese Vermutung kommt gewifs nicht überraschend , wenn wir uns erinnern , dafs der Lop - nor gerade am Nordrande eines der gröfsten Faltengebirgsländer der Erde liegt , und dafs es im Norden von den östlichen Parallelketten des Tien-schan-Systems begrenzt wird. Zwischen diesen mächtigen Faltengebirgen liegt die Niederung des Lop-nor-Beckens eingeschlossen.. Dafs diese Niederung von den Wirkungen der fortdauernden Gebirgsbildung nicht unberührt bleiben kann, zeigt eben die Tendenz der Seebecken und Flufsläufe, ihre Lage zu ändern. Bei der grofsen Ebenheit des Gebietes, welche sich der Horizontalität nähert, bedarf es auch keiner mächtigen Hebungen und Senkungen, um in der hydrographischen Anordnung einen sichtbaren Ausdruck zu gewinnen. Aber nur insofern hilft uns die Hydrographie, dafs sie uns zeigt, dafs auf dem Gebiet zwischen Kurruk-tag und Astun-tag die nördliche Hälfte sich erhebt oder die südliche sich senkt, oder jedenfalls, dafs der südliche Teil des Gebietes im Verhältnis zum nördlichen allmählich immer niedriger wird. Oh dies aber eine absolute oder nur eine lokale relative Niveauveränderung ist, wissen wir nicht.

Um jetzt zu Pjewzows Bericht zurückzukehren, so interessiert uns auch die Mitteilung, dafs die Ufer des Schirge-tjappgan-Bettes sehr reich an „köttek" waren. Dafs die Veränderung der Lage vor höchstens 200 Jahren sich ereignet hat , ist sehr wahrscheinlich, eben weil das alte Bett noch deutlich und nicht übersandet worden ist. Der abgestorbene Wald könnte dagegen sehr alt sein, wie ich bei den buddhistischen Städten zwischen Khotan und Kerija-darja fand; bei Schirge-tjappgan ist er aber höchstens nur 200 Jahre alt.

Wenn wir uns fragen : wie ist es möglich, dafs der Tarim, der jetzt auf seinem ganzen Laufe von der Niederlassung Schirge-tjappgan bis zu seinem Ende gar keinen Wald hat, in seiner älteren Schirge-tjappgan-Lage von dichten Wäldern beschattet werden konnte, so gibt es nur eine einzige Antwort, und diese ist, dafs am alten Bette der Wald schon genügende Zeit gehabt hatte, um sich auszubreiten, wogegen er am jetzigen Laufe, wie oben erwähnt, noch nicht Zeit genug gehabt, um sich bis hierher zu verbreiten. Wahrscheinlich stand dieses Schirge-tjappgan-Bett in irgend welcher Weise mit der neuentdeckten Wasserstrafse Avullu-köll — Nias-köll in Verbindung, wo wir auch reichlichen „köttek" fanden , wogegen südlich von Argan nur junger Wald vorhanden ist, aber kein „köttek". Hätte sich der reich bewaldete Schirge-tjappgan-Lauf des Tarim in den jetzigen Karakoschun ergossen, so müfsten wir auch an den Ufern dieses Sees aller Wahrscheinlichkeit nach erwarten, in einiger Entfernung vom Ufer alten Wald, und in der Nähe des Ufers bei der mehr als reichlichen Bewässerung, noch lebenden Wald zu finden. Aber keine Spur von Wald ist hier zu sehen ; die Möglichkeit bleibt freilich immer übrig, dafs der See so