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0384 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 384 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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372   Hedin, Reisen in Zentralasien.

Die botanischen Ergebnisse.

Bearbeitet von W. B o t t i n g Hemsley (F. R. S., F. L. S., Kustos des Herbars der Königlichen Gärten zu Kew) und H. H. W. P e a r s o n (B. A., Assistent für Indien

daselbst).

Die kleine Sammlung getrockneter Pflanzen des Herrn Dr. Sven Hedin ist ungefähr zwischen 85° 30' und 94° östlicher Länge und zwischen 35° und 37° nördlicher Breite, in mittlerer Höhe von 4880 m (16000 englische Fufs) erbeutet worden. Sie besteht aus nur 65 Arten blühender Pflanzen (denen eine Moosart zuzurechnen ist), worunter keine vorher ganz unbekannte Art sich befindet 1). Obgleich die Sammlung klein ist und nichts Neues aufzuweisen hat , so ist sie doch sehr interessant und lehrreich, denn wie man ersehen wird, liefert sie einen ferneren Beweis der weiten Verbreitung der endemischen Pflanzen Tibets. Arten engbegrenzten Areals scheint es überhaupt nur wenige in Tibet und in den hohen angrenzenden Teilen des Himalaya-Gebirges zu geben. Dies ist nicht leicht zu erklären, weil die jetzigen Verhältnisse höchst ungünstig für die weitere Verbreitung der Pflanzen sind. Soll man daher annehmen , dafs in früheren Zeiten weit günstigere Verhältnisse herrschten als jetzt ? Diese Frage zu besprechen würde uns hier zu weit führen, dennoch mag man ein Beispiel der weiten Verbreitung der Pflanzen Tibets innerhalb dieser Region geben. Die in hohem Grade charakteristische Gattung Saussurea soll dazu dienen. Diese Gattung hat in Europa, Zentralasien und Nordamerika eine sehr weite Verbreitung, besonders in den Gebirgen und auf den Hochländern ; sie ist auch artenreich, denn die Erforschung Zentralasiens und Chinas während der letzten 20 Jahre hat die Zahl der bekannten Arten wohl wenigstens verdoppelt. Die Hedinsche Sammlung umfafst sogar sechs Arten dieser Gattung, also 90/0 der ganzen Sammlung. Es sind alle ganz niedrige Kräuter, von kaum einem bis drei oder vier Zoll (24.--10 cm) hoch, und entweder unverästelt

oder einstämmig, mit den Blättern mehr oder weniger rosettenartig, flach auf der Erde aus-

.

gebreitet und mit den Blütenköpfchen stiellos und sehr eng zusammengedrängt, in der Mitte der Blätterrosetten sitzend , oder vom Boden aus wenig verästelt, oder mehrstämmig, die Stämme mit kleineren Blättern dicht besetzt und mit endständigen Blütenköpfchen versehen. Es wäre überflüssig, hier die Einzelheiten der Verbreitung jener sechs Arten zu wiederholen, aber im allgemeinen dehnen sie sich von Norden nach Süden oder von Westen nach Osten, oder sogar in beiden Richtungen aus. Es stellt sich nun die Frage : besitzen diese

Pflanzen aufserordentliche Verbreitungsmittel ?   Diese Frage kann man bejahend beant-
worten, denn der kleine Fruchtknoten besitzt einen Pappus plumosus , der fähig ist, unter dem Einflufs der Winde den Samen in die Weite zu tragen. Die Beschaffenheit dieser Art Fruchtknoten ist ganz besonders dazu geeignet, die Verbreitung der Pflanzen in den höheren Gegenden zu befördern, und Pflanzen der Kompositenfamilie, zu welcher die Gattung Saussurea gehört, machen ja einen überwiegenden Teil der phanerogamen Vegetation der höchsten Punkte in vielen Ländern aus.

Eine Auswahl der Hedinschen Pflanzen mit anderen von grofsen Höhen aus den verschiedensten Weltteilen wurde am 3. Juni 1899 von Herrn W. B. Hemsley in der Linnean Society von London ausgestellt und erregte viel Aufmerksamkeit. Die Sammlung wird auch noch später mitbenutzt werden, um eine umfangreichere Abhandlung über die Pflanzen der höchsten Gipfel der Welt zu verfassen.

1) Gerade als wir diese Aufzählung an den Drucker absenden wollten, langte ein Brief von Herrn Dr. S. Murbeck an, in welchem der Schreiber die Veröffentlichung der Beschreibungen zweier neuer Arten der Gattung Gentiana meldet. Dieselben soll Dr. Hedin in Sarik - kol entdeckt haben. Sie befinden sich aber jedenfalls nicht unter den Pflanzen, welche Dr. Hedin uns gesandt hat, und daher können wir kein Urteil darüber äufsern. Es sind dies Gentiana Hedini und Gentiana cordisepala. Murb. in Österr. botan. Zeitschr., Juli 1899.