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0106 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 106 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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Hedin, Reisen in Zentralasien.

günstig ist, bleibt die ganze Gesellschaft im grofsen „Zimmer" rings um das Feuer sitzen, wo die Weiber, die niemals verschleiert sind, mit ihren verschiedenen Arbeiten beschäftigt sind ; die Männer reparieren ihre Netze oder machen neue ; die Kinder spielen miteinander. Bei Sonnenuntergang wird der „kasan" über das Feuer gestellt und Fisch gekocht; ganz frisch gekocht und mit etwas Salz dazu wird er am meisten gegessen ; zur Abwechselung ifst man ihn aber auch als „kebab", d. h. über glühenden Kohlen gebraten. Schaffleisch wird als sehr grofser Luxus angesehen , und die Schafe werden fast nur der Wolle halber gehalten ; auch Weizenbrot ist ein Luxus , da jedenfalls die von Tjarkhlik mitgebrachten Vorräte nicht grofs sind.

In manchen Beziehungen ähneln die Lopliks den Kirgisen ; was das Schaf für den Kirgisen ist, das ist der Fisch für den Loplik ; aber die freien Wanderungen im Gebirge machen den Kirgisen lebenslustiger und eröffnen ihm weitere Gesichtspunkte, wogegen das einförmige Leben in der einförmigen Natur an den Seen und Flüssen den Loplik mehr faul und vegetierend macht. Das „kara-uj" des Kirgisen entspricht dem „kamisch-uj" des Loplik. Die Religion ist bei beiden Völkern dieselbe (sunnitischer Mohammedanismus), und ihre Sprachen unterscheiden sich nur dialektisch. Der Typus ist derselbe mongolisch-türkische mit den prononcierten Backenknochen , schmalen Augen und kräftig entwickelten Lippen ; nur sind diese Merkmale bei den Lopliks weniger scharf hervortretend, als bei den Kirgisen.

Ein Hirt, der während unseres Besuchs von Tokum am Tjong-tarim kam, hatte fast den ganzen Tag gebraucht, um die Strecke nach Sadak-köll zurückzulegen ; die Entfernung kann also jedenfalls nicht grofs sein. Er teilte mit, dafs mehrere Hirten und Fischer aus Tjarkhlik und Tjeggelik.uj am linken Ufer des Tjong-tarim wohnten. Tokum ist auch eine Station auf dem grofsen Wege am rechten Ufer des Hauptflusses. Noch hier gibt es Pappelwald, doch sehr sporadisch ; er hört aber schon nördlich von Tjeggelik-uj auf.

Am 13. April hatten wir den ganzen Tag über eine Kette von Seen zu rudern, gröfsere und kleinere , immer seichte , im Mittel 1 m tiefe Becken , oft ein paar Meter, aber noch öfter nur 10 oder 20 cm , so dafs das Kanoe den Boden streifte , oder die Männer mit grofser Kraft rudern mufsten, um über eine Sandbank hinwegzukommen und nicht mit dem Boot stecken zu bleiben. Die Breite der Seen ist selten mehr als 4 oder 5 km. Wie oben erwähnt, sind diese kleinen Seen eigentlich nichts anderes, als Erweiterungen des Ilek, und das Wasser ist deshalb vollkommen süfs. Grofse Strecken der umliegenden Landschaft waren vollkommen steril. Hin und wieder wachsen jedoch ganz junge Pappeln , wogegen Kamisch und Tamariskenkegel ziemlich allgemein sind. Besonders an der östlichen Seite fallen hohe , sterile Dünen gegen den See steil ab , und die steile Seite ist immer gegen W und WSW gerichtet. Ihre Grundlage ist wegen Berührung mit dem Wasser und Wellenschlag bis einen halben Meter über der Wasseroberfläche feucht und hier senkreebt auserodiert. Aber auch am westlichen Ufer stehen oft sehr hohe Dünen; es ist also nicht der scharfe, deutliche Unterschied , den wir am oberen Ilek gefunden hatten. Hier bekommt man den Eindruck, dafs die Dünen schon vor der Bildung der Seen bis in die Nähe des Tjongtarim vorgerückt waren und dann durch den neuen Wasserweg in der Mitte weggeführt und voneinander geschieden worden sind. Die Strömung ist nur in den engen Passagen deutlich , verschwindet aber auf den offenen Seen , oder wird höchstens an vorspringenden Sandspitzen, an Kamischstengeln, oder wo ein Stück Treibholz auf einer Sandbank stecken geblieben ist, bemerkbar ; er folgt jedoch gewöhnlich dem einen oder andern Ufer und geht von einem zum andern quer hinüber. Der Boden besteht immer aus Sand, der nur selten von Kamisch gebunden ist. Das bewegliche Material wird vom Wasser leicht geformt und modelliert, so dais die Abdachungen des Seebodens sehr langsam und sanft sind ; die wechselnden Tiefen beruhen sonst natürlich auf Strömungs- und Windverhältnissen. Die Tamariskenkegel stehen nicht selten mitten im See und bilden kleine Inseln, wobei die Pflanzen