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0055 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 55 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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Von Khotan durch die Wüste nach dem Kerija-darja und weiter nach Schah-jar. 43

anderthalb Tagereisen soll sich dieser Arm im Sande verlieren ; das Wasser geht also verloren, da es sich nicht wieder mit dem Hauptflufs vereinigt.

Dieser Arm wird Kitjik-darja oder „der kleine Flufs" genannt; an den Ufern des oberen Teils desselben sollen Wald und Steppen vorhanden sein und die Weideplätze sind dort gut; die Hirten versicherten , vor mehreren Jahren wäre die ganze Wassermenge durch dieses Bett geströmt; es trocknet jetzt allmählich aus, und nur wenn der Hauptflufs viel Wasser führt, wird ein Teil davon in dieses Bett hineingesandt; am Bifurkationspunkt fanden wir jetzt Dämme, aus Thon , Zweigen und Baumstämmen gebaut. Diese Dämme waren vor ein paar Jahren aufgeführt , um die ganze Wassermenge im Hauptbett zu behalten. Nach einem Jahre mufste man die Dämme wieder wegnehmen, um die Weiden an den Ufern des alten Bettes wieder zu erfrischen. In diesen ebenen Gegenden scheint der Flufs sehr lenkbar zu sein, und es gehört kein grofser Apparat dazu, das Wasser auf künstlichem Wege zu bemeistern , d. h. an solchen Stellen, wo alte Betten oder Teile des Hauptbettes zu Hilfe kommen. Am unteren Teil des Kitjik-darja stehen noch viele längst verlassene Hirtenhütten.

Nicht weit nördlich vom Jugan - kum kamen wir wieder in ein aufserordentlich deutliches altes Flufsbett hinein, worin wir ein paar Kilometer auf vollkommen ebenem, hartem Roden marschierten. Dieses Bett hatte genau dasselbe Aussehen wie der untere Khotandarja ; breit , offen , eben und reich an zur Hälfte in Sand und Schlamm eingebettetem Treibholz ; an den Ufern Kamischsteppen , Dünen und schwacher Wald. Die Breite des Bettes betrug im Mittel 1 km. Offenbar hatte der Kerija-darja erst kürzlich dieses Bett verlassen, und in der That erfuhren wir später, dafs dies vor nur 3 Jahren geschehen war. Wenig unterhalb Tongus - basste vereinigt Bich dieses alte Bett mit dem jetzigen. Sowohl hier als beim Kitjik-darja finden wir also, dafs der Flufs sich nach rechts bewegt hat. Die Hirten von Tongus - basste behaupteten , dafs in dieser Gegend der Flufs oft sein Bett ändert, und sie erklärten dies in der Weise, dafs der Flufs bei jeder Hochwasserperiode einen „kärätsch" (die Entfernung zwischen den Spitzen des Daumens und des kleinen Fingers einer ausgespreizten Hand) Schlamm im Bett absetze , welcher den Boden des Bettes mit den Jahren so erhöht , dafs das Wasser gezwungen wird , niedrigeren Boden aufzusuchen. Der alluviale Schlamm wird „laj" genannt, und auf demselben wächst der beste Kamisch. In der Waldgegend Tongus- basste sind die Pappeln wieder hoch und mächtig.

Von Tongus-basste nach Kara-dung. Um die Ruinen einer zweiten alten Stadt, von denen die Hirten gesprochen batten, zu besuchen, gingen wir gerade gegen Norden. Mehr als die Hälfte dieser Tagereise führte durch ein altes Flufsbett, welches ich bald als die nördliche Fortsetzung des Kitjik-darja erkannte. Die Breite wechselt sehr, aber das Bett ist immer deutlich, der trockene Schlammboden ist in polygonen, konkaven Kuchen geborsten, auf den Ufern wächst Wald. Stellenweise ist die Breite nur 25 m, die Tiefe 2 m; seitdem die obenerwähnten Dämme aufgeführt sind, kommt kein Wasser mehr in das Bett hinein. Allmählich nimmt die Vegetation ab , und die Dünen gewinnen an Terrain. Ein Teil des Bettes wurde Tolldema genannt. Zwischen sehr beträchtlichen Dünen, deren steile Seiten nach SW gerichtet sind , liegt ein jetzt trockenes Seebecken, Sisma-köll. Von hier aus schlugen wir eine mehr westliche Richtung ein und überschritten drei kleinere „davane" (N—S), von deren Höhe die Aussicht nach Westen sehr ausgedehnt war. Man sieht hier, wie der Wald immer lichter wird und endlich in „köttek" oder abgestorbenen Wald übergeht. Der stellenweise reichliche „köttek" beweist, dafs der Wald hier einst dicht gewachsen, aber allmählich vom Flufs verlassen worden ist.

Kara-dung oder „der schwarze Hügel" wird eine Gegend in der sterilen Sandwüste genannt, wo einige dunkel aussehende Tamarisken auf den Dünenkämmen wachsen. Hier linden wir die Ruinen einer zweiten alten Stadt, von genau denselben Charakterzügen, wie

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