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0052 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 52 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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Hedin, Reisen in Zentralasien.

aber eine Menge Quellen zu Tage, deren Wasser („kara - su") auch während des Winters strömt, und welche also den tieferen Teil des Bettes auch in der kalten Jahreszeit mit Wasser versehen. Deshalb sagen die Eingeborenen , der Flufs werde im Winter nach unten immer mächtiger. Dieses Verhältnis merkt man dagegen nicht im Sommer, weil das freie, mächtig von den Bergen dahinströmende Wasser allmählich verdunstet und durch Überschwemmungen und sich im Sand verlierende Seitenarme gebrandschatzt wird. Das im Winter dahinströmende Wasser gefriert inzwischen nach und nach, neue Eiskuchen lagern sich über- und aneinander, so dafs der Flufs viel mächtiger aussieht, als er ist. In dieser Weise war bei meinem Besuch das ganze Flufsbett mit einer ununterbrochenen, dicken Eisschicht bedeckt, deren Breite jedoch sehr verschieden war. Ich werde im folgenden unsere Erfahrungen im Bette des Kerija-darja von Tag zu Tag mitteilen , und mögen dieselben als Erläuterungen zu der beigefügten Karte dienen.

Von Kotschkor-agil nach Kijak-tjakkma. Der Flufs windet sich in hauptsächlich nördlicher Richtung in grofsen Mäandern durch den Wald und ist bisweilen so breit, dafs das rechte Ufer durch die unreine Luft nicht sichtbar ist. Wald , Dickicht und Ka-

mischfelder reichen bis ans Ufer.   Man findet, dais die Wassermenge und Strömungs-
geschwindigkeit in der Hochwasserperiode ziemlich bedeutend sein müssen ; die äufseren Seiten der Flufskrümmungen haben noch hier senkrechte, vom Wasser scharf erodierte Uferwälle, wogegen die inneren flach und angeschwemmt sind.

Wir konnten aber dem Ufer nicht weit folgen, bald reichten wieder die Dünen bis an den Flufs, und uns blieb nichts anderes übrig, als zwischen denselben zu gehen. Dieser

Sand war jedoch von Tamarisken und Pappeln ziemlich dicht bewachsen. Der Wald des linken Ufers wird also teils voni ungemein dichten Kamischfeldern , teils von Sanddünen unterbrochen. Gegen Abend (27. Januar) trafen wir die ersten Hirten , die uns einige Mitteilungen machten.

Die interessanteste Entdeckung jedoch während dieser Tagereise war ein altes Flufsbett, Kovna - darja, westlich vom jetzigen (Jangi - darja oder der neue Flufs) gelegen. Die Entfernung zwischen beiden beläuft sich auf 2 bis 3 km. Der Flufs soll vor nur 15 Jahren das alte Bett verlassen und seinen neuen Lauf weiter östlich genommen haben. Während des Marsches kreuzten wir mehrere Male das alte Bett, welches sehr deutlich ausgeprägt ist , im Mittel eine Breite von 30 m und eine Tiefe von 1 bis 2 m hat und dessen Uferlinien ebenso deutlich sind wie an dem Punkt, wo wir den Kerija - darja erreichten. An den Ufern , besonders am linken , haben wir dichten Wald und Kamisch; das Bett selbst ist fast nackt, nur hier und da kommen junge Pflanzen vor -- die Vorläufer einer Vegetation, die wohl bald das Bett bedecken und verbergen wird. Das neue Bett dagegen ist seicht und breit, und das Wasser hat hier noch keine deutlich markierte Furche im Boden eingegraben. Die Insel zwischen den beiden Betten trägt im Westen Sanddünen, im Osten ist sie hauptsächlich Steppe. Am linken Ufer des Kovna- darja finden wir die reichste Vegetation der Gegend ; hier sind auch die besten Weideplätze und sämtliche „agils" oder Hirtenniederlassungen gelegen. Dafs der Kerija-darja eine lange Zeit in seinem alten Bett geströmt hat, geht eben aus dem dichten, hochstämmigen Wald hervor am Jangi-darja dagegen hat die Vegetation noch nicht Zeit genug gehabt, um sich heimisch zu machen. Der Flufs hat den alten Wald verlassen , derselbe lebt jedoch noch vom Grundwasser; aber die Zeit wird kommen, in welcher die Wurzeln das Wasser nicht mehr erreichen können. Dann wird der Wald absterben, um „köttek” zu bilden, d, h. solche von Süden