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0184 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 184 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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172   Hedin, Reisen in Zentralasien.

Früher soll, wie mir die Einwohner versicherten, das wilde Kamel im Gebirge südlich

von Vasch - schahri vorgekommen sein , ist aber jetzt verschwunden. Die Bewohner leben von der Ernte und jagen auch Hirsche und Antilopen , die im Walde ziemlich zahlreich sind. Viehzucht wird nur in geringem Grad betrieben. Sie haben eine Anzahl Kühe und Schafe ; für Schafzucht soll sich aber die Gegend nicht eignen.

Die windige Zeit war aber jetzt eingetreten und dauert den ganzen Sommer über; während

der kalten Jahreszeit ist die Atmosphäre immer ruhig. Jetzt im Frühling kann man fast alle drei Tage auf kräftigen Wind oder Buran rechnen. Die Stürme sind immer östlich und bringen Staubnebel mit sich. Eben jetzt in der Nacht zum 1. Mai war die Temperatur unter 0° C. gesunken ; solche Frostnächte sind in dieser Jahreszeit sehr gefürchtet. Ich hatte seit einem Monat keine Kältegrade aufgezeichnet.

Als freiwilliger Gründer des jetzigen Vasch-schahri ist der alte Kipek vom Amban von

Tjarkhlik zum Chef des Ortes ernannt worden mit den Titeln „schang - ja" („bek") und „karaultji" (Wächter). Er begibt sich von Zeit zu Zeit nach Tjarkhlik, um über die Ernte und administrativen Verhältnisse Bericht zu erstatten. In Khotan, Kerija, Tjertjen und an Ort und Stelle wird das Dorf Vasch -schahri genannt; in Tjarkhlik nennt man es aber Gadji-, Gas- oder Gah-schahji (= schahri = Stadt). Oafs in alten Zeiten die Gegend bewohnt war, beweist das in der Nähe gelegene Ruinenfeld, wo man jedoch nur selten einige Altertümer findet; ich erhielt nur eine kupferne Kanne und einige chinesische Kupfermünzen.

Der erste Tagemarsch von Vasch-schahri führte zuerst durch ziemlich dichten Pappel-

wald , der jetzt in seinem üppigsten Frühlingsgrün prangte. Der Bach bildet eben hier eine Art Delta; wir kreuzten nämlich noch zwei Arme davon. Dann hört der Wald in dieser Richtung auf und wird von den gewöhnlichen Tamariskenkegeln gefolgt. Ferner haben wir noch ein „sil”-Bett, ein ganzes System von seichten, breiten Furchen, zwischen welchen niedrige Thonkämme sich erheben , und wo nur zwei kleine Rinnsale strömten ; man sieht jedoch deutlich, dafs nach starken Regen güssen hier gewaltige Wassermassen hinunterfliefsen können. Schon jetzt treten links oder südlich vom Wege niedrige, isolierte Dünenindividuen auf; der Sand scheint sich weit nach S zu erstrecken. Rechts haben wir noch trockene, armselige Kegel mit Vegetation ; der Weg führt sonst auf ebenem, hartem Sandboden hin. In der Nähe eines undeutlichen, alten Flufsbettes kreuzen wir dann das Ruinenfeld von Vaschschahri, wo man nur die Spuren von Aprikosengärten und fragmentarische Wandbalken und Fundamente von drei Häusern sieht. Mehrere solcher Ruinen sollen jedoch in verschiedenen Richtungen zwischen den Tamariskenkegeln liegen. Dann folgt ein eigentümliches Gewirr von hohen Tamariskenkegeln, deren Form jedoch hier mehr kuppelförmig war; sie sahen aus, als ob sie vom Wind und Treibsand gerade an der Basis angefressen und erodiert wären. An den Seiten hängen die Wurzeln der auf den Kegeln thronenden Pflanzen frei heraus. Zwischen ihnen liegen kleine Dünen von grobem Sand. Dann passieren wir einige Pappeln und endlich den letzten Ausläufer des Waldes — Jakka - tograk , eine einsame Pappel, mit Pfählen und Stacket eingehegt. Hier läuft die Grenze zwischen den Gebieten von Tjertjen und Tjarkhlik.

Dafs dieser Weg wenig Bedeutung hat, sieht man schon daraus, dafs man so gut wie keinem Reisenden begegnet; am Jakka - tograk trafen wir die ersten seit Tjarkhlik. Es waren zwei Männer, die mit vier Pferden aus Kerija kamen, welche Stadt sie vor achtzehn Tagen verlassen hatten , wovon vier Ruhetage waren. Sie hatten den „astun-jolli" oder unteren Weg zwischen Nija und Tjertjen gewählt und teilten mir mit, dafs das Wasser in den dort befindlichen Brunnen schon jetzt ein wenig salzig geworden sei, jedoch nicht mehr, als dafs es mit Thee getrunken werden könnte. Von Mücken und Mosquitos batten sie erst östlich von Tjertjen gelitten.

Der Pfad windet sich unmittelbar am Fufse der hohen , sterilen Sanddünen , die sich