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0595 China : vol.2
China : vol.2 / Page 595 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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NORDABFÄLLE DES TSIN—LING-SHAN.

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it

kommt man noch durch einige Runsen , welche nach Norden gerichtet sind. Sonst ist der Weg einförmig. Stundenlang geht es mit kaum merkbarer Steigung auf der Lössfläche hinan. Plötzlich steht man an einem Steilrand , der sich nach West und Ost hinzieht , so weit der Blick reicht. Tief zu Füssen fliesst der Wéi , von einem Alluvial-streif begleitet, und jenseits erheben sich in kühner Architektonik die gigantischen Massen des Hochgebirges , dessen Fuss unmittelbar aus dem schmalen Alluvium aufsteigt. I)er Anblick ist überraschend und sehr grossartig. Steil führt der Weg hinab ; er ist in die Wände einer kurzen Quer-Runse eingegraben. Die Höhe der Lösswand ist 5 oo Fuss. Von ihrem unteren Rand senkt sich der Thalboden noch i oo Fuss bis Kwéi-tshönn. Von hier aus erkennt man, dass der obere Rand des Abfalls nicht geradlinig verläuft, sondern durch Querschluchten in eine Reihe von Vorsprüngen aufgelöst ist.

Auf dem ganzen Weg bis hierher hatte der Anblick des Tsin-ling-shan, welcher bei

den Bewohnern des Flachlandes in echt chinesischer Weise nur den Namen Nan-shan (»das Südgebirge«) führt, meine Aufmerksamkeit gefesselt, und ich suchte durch Compasspeilungen von einzelnen Orten an der Strasse seine Gliederung in allgemeinen Zügen festzustellen. Die Atmosphäre war nie so getrübt gewesen , dass sie die Umrisse vollständig verhüllt hätte ; aber der suspendirte feine Lössstaub umflorte sie doch stets mit einem mehr oder weniger leichten Schleier. Nur nach Regen oder Schneefall darf man eine klare Aussicht erwarten. Am höchsten ragt der Ta-Pai-shan oder »Grosse Weisse Berg« auf 1) , dessen Gipfelerhebung ich auf ungefähr i 000 Fuss über dem Thal des Wéi veranschlagte. Er bildet eine Gruppe von langgezogenen gerundeten Kuppen. In scharfem Contrast erhebt sich vor ihm, etwa 3000 Fuss niedriger, eine zackige Gipfelreihe. Sie zeigte, ebenso wie andere Gipfelzüge im Osten und Westen , eine Streifung von Schnee, der in den Runsen lag , während der Ta-Pai-shan ganz weiss eingehüllt war und damit seinen Namen rechtfertigte. So weit ich das Gebirge beobachten konnte , liess es einen scharf gezeichneten Gegensatz zwischen den in grosser Zahl • von seiner Wasserscheide herabkommenden , anscheinend sehr tief eingeschnittenen Querthalern und der durchgreifenden Tendenz zu einer Längsanordnung der Gipfelreihen und Rücken erkennen. Von dem überall steilen und geradlinigen Abfall sieht man diese in parallelen Stufen höher und höher ansteigen. Nirgends vermag das Auge einen vom Gebirge herabziehenden Quergrat zu verfolgen. Vielmehr besteht jede von zwei Querschluchten eigeschlossene Rippe aus parallel gestellten höheren und tieferen Gliedern , deren Richtung derjenigen des Gebirges entspricht. Es ist daraus ersichtlich , dass das Gebirge in seinem inneren Bau eine zonale Structur hat , welche sich am Nordabfall nur in den secundären Zügen der äusseren Sculptur kennzeichnet. Auch darf man vermuthen , dass die Querthaler, wo sie die Zonen härterer Gesteine durchschneiden, durch gewaltige Engen versperrt sind, während wahrscheinlich die Communication zwischen je zwei benachbarten Querthalern in der Richtung des Gebirgsstreichens verhältnissmässig leicht sein wird.

Dieses Bild, welches ich hier von der Plastik des nördlichen Gehänges gewann, hat nachher bei der Reise über die ganze Kette hinweg seine Bestätigung gefunden. Kwó-tshönn ist ein grosser und bedeutender Marktplatz. Ausserhalb der Umfassungs-

mauern dehnen sich belebte Vorstädte zu allen Seiten aus. Denn hier ist der Brennpunkt für den Handel, welcher Tiber die Tsin/ing-Strasse geht. Alle Züge von Packthieren, denen ich später begegnete, hatten diesen Ort zum Zielpunkt, und ebenso gehen sie von hier nach Süden aus. Was Hwo-lu-hsiën bei Tshönn-ting-fu 2) und Tsing-hwa bei Hwaiking-fu 3) für die Provinz Shansi sind , das ist Kwó-tshönn für das südliche Shensi und Theile von Sz'-tshwan. Wie in jenen Städten , ist auch hier die Rolle im Verkehr in dem Wechsel des Transportmittels begründet. Denn die Waaren von Hsi-ngan-fu können auf Wagen kommen, während nur Saumwege nach Westen und Süden führen.

I)ie Stadt liegt ganz in der Tiefe der beschriebenen Rinne, am Rand der Abdachung, die sich vom Fuss der nördlichen Lösswand herabzieht. Ein steiler Abstieg von 6o Fuss Höhe bringt uns auf das Alluvium des Wéi , über welches unsre Strasse weiter führt. Nach einer Strecke von 12 li überschreitet sie den Kiën-shui , der in einer ebenfalls 5 bis 600 Fuss tiefen Furche im Löss herabkommt und ein breites, sandiges und schotterreiches Bett hat. Sein oberes Flussgebiet gehört zu den denkwürdigsten Schauplätzen

I) Auf den bisherigen Karten ist der Name Tai-pe-shan geschrieben.

z) S. oben S. 443.   3) S. oben S 40!.