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0604 China : vol.2
China : vol.2 / Page 604 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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564   XII. CAPITEL. DIE PROVINZ SHENSI.

Tyrolers MARTINI alles Aehnliche auf der Welt in Schatten stellen sollten, hatte ich nicht nur eine sehr viel bedeutendere Meereshöhe des Hauptpasses erwartet, sondern war auch vorbereitet, besonders in seiner Nähe die grossartigsten und wildesten Strecken der Gebirgswelt zu finden. Statt dessen boten sich dem Blick gegen Süden mildere Bergformen dar, und ein sanftes, angebautes Hochthal breitete sich in geringer Tiefe unter dem Pass aus. Man erreicht es nach einem kurzen Abstieg von 600 Fuss bei dem grossen Dorf Tunghö-kiau. Der Tung-hó , dem der Weg hinfort bis Föng-hsiën folgt , entsteht hier aus zwei wasserreichen Quellbächen, welche, nahezu der Richtung des Streichens der Gneiss-schichten und der Gebirgsgliederung parallel, von OSO und WNW gegen einander fliessen, also Längsthäler durchströmen , bis sie sich vereinigen und in einem nach SSW gerichteten Querthal ihren Lauf fortsetzen. Die Gehänge sind mit einer dicken Lage von Lehm bedeckt , und bis hinauf zu ungefähr 1200 Fuss über der Thalsohle werden Kartoffeln,

Mais und Buchweizen gebaut.

In dem breiten Thal führt der Weg hinab nach dem kleinen Dörfchen Twi-tszéshang. Wie die Landschaft , so entsprach auch der Charakter der Strasse nicht meinen Erwartungen. Allerdings ist sie hier und da in Felsen gehauen , an steilen Gehängen aufgemauert oder mit Pfählen gestützt , und wenn sie auch jetzt ihre ehemalige Breite nur noch stellenweise hat, so ist doch MARTINI's Angabe, dass vier Reiter neben einander Platz haben , für seine Zeit wahrscheinlich nicht übertrieben gewesen. Indess war dies nichts Besonderes und Staunenswerthes. Die besten Merkmale dafür, dass man sich auf einer mit ungewöhnlicher Sorgfalt für strategische Zwecke angelegten Strasse befindet, bieten sich in der Art , wie durch gute Trassirung Terrainschwierigkeiten überwunden worden

sind, und in der Pflasterung , welche sich noch in manchen Strecken erhalten hat , aber   j   f
jetzt dem Reisenden mehr Last als Bequemlichkeit gewährt , da die Steine grösstentheils längst aus ihrer Lage gekommen sind. Auch sieht man hier und da die Reste ehemaliger

fester gewölbter Steinbrücken. Die Wälder , welche sich zu MARCO PoLO's Zeit an der Strasse befanden, sind jetzt fast ganz verschwunden. Grössere Reste von ihnen scheinen noch in einiger Entfernung von dem grossen Verkehrsweg vorhanden zu sein. Denn der Hauptverkehr in der ersten Strecke des Weges, bis zum Pass, bestand in dem Transport von Holz und Holzkohle nach dem Niederland am Wéi. Die vorwaltenden Gegenstände

der durchgehenden Fracht waren Reis, Zucker und àndere Próducte des wärmeren Südens.   I'
Ich glaubte sowohl hier, als auf dem Holzmarkt am Kën-shui \S. 556), zu bemerken, dass die Holzträger einen Rassentypus haben , welcher von dem der echt chinesischen

Bewohner in den Dörfern an der Strasse abweicht und durch das sonst so merkwürdig   tim
ausgleichende Tragen des Zopfes nicht verwischt wird. Sie sind von kurzem, gedrungenem

Körperbau, haben kleine, runde Köpfe, und der Bartwuchs beginnt bei ihnen in verhält-   td~

nissmässig frühem Alter.   Qp

Zweiter Tag. Von Twi-tsze-shang bis Tsau-liang-yi.

Leichtes Schneegestöber bei heftigem Nordwestwind und einer Temperatur von —8° C. erlaubte mir an diesem Tag nur eine kurze Strecke zurückzulegen. Wenn Schnee auf dem Boden liegt , sind Chinesen kaum zum Reisen zu bewegen. Unterhalb des Aufbruchsortes verengt sich bald das Thal des Tung-hö, ohne indess zunächst noch irgendwo den Charakter einer Felsschlucht anzunehmen. Es bleibt am Fluss Raum für einzelne Dörfer , und grossentheils auch für einen Streif anbaufähigen, meist flach geneigten Schwemmbodens , der jedoch selten die Breite eines Kilometers erreicht. Fleckenweise vertheilt steigt der Feldbau an den Gehängen hinauf. Wenn man von den Lössländern im Norden kommt, gewährt es einen ungewohnten Anblick, dass die Felder nicht terrassirt, sondern abschüssig sind. Der Lehmboden, welcher die Veranlassung dazu gibt, ist auf der Südseite der hohen wasserscheidenden Zone verbreitet. Aber noch herrscht er nicht ausschliesslich. Bald beginnt er wieder Lösscharakter anzunehmen, und an solchen Stellen fehlen weder die senkrechten Abbrüche , noch die an deren Fuss ausgehöhlten Lösswohnungen. Die Dörfer sind ärmlich, und ihre Bewohner scheinen hinsichtlich ihrer Subsistenzmittel mehr auf den Verkehr der Reisenden , als auf den Ertrag des Bodens angewiesen zu sein.

Der Tung-hö hat sich ein echtes Querthal gegraben. Sein Gefall in dieser Strecke beträgt 600 bis 700 Fuss. Von beiden Seiten öffnen sich in ihn grosse, verzweigte