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0507 China : vol.3
China : vol.3 / Page 507 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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DIE GROSSSTADT HSIANG-TAN.

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schiffbare Liën-shui, nach der daran gelegenen Stadt auch Hsiang-hsiang-hő benannt. An seine Mündung schliesst sich unmittelbar die lange dichte Häuserreihe von Hsiang-tan am linken Ufer. Sie ist gegen 4 g. M. [7,5 km] lang und soll eine Breite von 5 li haben. Es lagen hier Tausende von Schiffen, und es zeigte sich in ihrem Gewimmel die Bedeutung dieses Ortes, welcher bis vor Kurzem der zweitgrösste Handelsplatz im Inneren von China gewesen ist. Zuletzt folgt das ummauerte hsiën, welches wesentlich nur die Gebäude der Behörden umschliesst. Das Leben concentrirt sich in den ausgedehnten Vorstädten, welche in der That den Platz fast allein bilden, und nur an ihnen entlang dehnt sich der unübersehbare Wald von Schiffsmasten aus. Die Zahl der Einwohner wurde mir auf Ioo mau (i Million) angegeben, und wenn man das Areal und die ausserordentlich dichte Gruppirung der Häuser betrachtet, erscheint die annähernde Richtigkeit der Zahl als nicht unmöglich.') Der Ort verdankt seine Bedeutung der centralen Lage, da er durch viele Jahrhunderte den Handel zwischen dem Südlichen, Westlichen und Nördlichen China vermittelt hat. Obgleich in neuester Zeit der Handelsweg durch Hunan an seiner Bedeutung viel eingebüsst hat, soll die Stadt doch noch jetzt der Haupt-Geldmarkt von China sein. Ich werde später auf die Bedeutung des Ortes und die Art seines Handels zurück kommen.

Die weitere Fahrt den Fluss hinab bot zunächst Wenig von Interesse. Der Strom wird gross und breit, aber einförmig. An dem Fuss der 3o Fuss [15 na] hohen Uferbänke zeigen sich zu beiden Seiten Verflächungen von Lehm, Sand und Schotter, welche jetzt bei niederem Wasserstand das Bett bedeutend einengten. Da stärkere Windungen fehlen, ist der Fluss meist an den Seiten seicht, in der Mitte tiefer. Zuweilen jedoch erstrecken sich seichte Furthen über die ganze Breite, so dass Dampfschiffe in dieser Jahreszeit hier unmöglich fahren könnten. Bei Hochwasser dagegen füllt der Fluss den ganzen Raum zwischen seinen Uferwänden aus. Die lehmigen Absätze in seinem Bett verrathen, dass er alsdann von Hsiang-tan aus nur einen Arm des Tungting-Sees bildet, und wahrscheinlich verdankt die genannte Stadt diesem Umstand ihre Lage. Das Gefälle ist äusserst gering und dürfte mit 4 Centimeter auf z Kilometer nicht unterschätzt sein. Das Alluvium grenzt an eine ebene Terrasse von 8o bis 120 Fuss [25-35 ni] Höhe, welche aus schwach nördlich geneigten Schichten von [mürbem] rothem Sandstein besteht. In der ersten Strecke unterhalb Hsiang-tan bespült der Fluss sie unmittelbar an der rechten, nachher stellenweise auch an der linken Seite [und an den steil abgebrochenen Ufern sind die Entblössungen dieser Schichten häufig]. Aus der Terrasse erheben sich vereinzelte Bergzüge, welche eine Höhe von 600 bis 90o Fuss [180-27o m] erreichen. Einer von ihnen, der Tshaushan, tritt am rechten Ufer an den Fluss heran. Hier steht ein Tempel (Tshau-shan-miau) 55o Fuss [165 ni] über demselben. Das Gestein ist wiederum der rothgelbe und weisse, feste Sandstein, welcher mit Conglomeraten und verhärteten Thonen wechselt und von Quarzschnüren durchzogen ist.2) Die Schichten streichen NO—SW und fallen unter sehr verschiedenen Winkeln nach NW und SO. Ein anderer, gleichgerichteter Zug erreicht bei Kiën-kiang-ki den Fluss an der West - Seite. Dann folgt die grosse Provincial-Hauptstadt Ts h a n g- sh a -f u, welcher gegenüber [am linken Ufer] der Yo-lu-shan, einer der fünf heiligsten Berge von Hunan, [von etwa 90o Fuss (275 m) Höhe] an den Fluss herantritt. Er ist bekannt durch eine grosse, nach ihm benannte Schule, in welcher die Candidaten zu den höchsten Prüfungen vorgebildet werden. Ich besuchte den ansehnlichen Complex von Gebäuden, in welchem gegen tausend Schüler versammelt waren. Diese Hochschule war als eine Haupt-Brutstätte des Fremdenhasses bekannt. Als daher die Mandarine von Tshang shafu von meiner Absicht, das Institut zu besuchen, hörten, schickten sie erschreckt verschiedene Abtheilungen Polizei, um mich zu schützen. Noch ehe dieselben ankamen, war ich mit Mühe der drohenden Gefahr entgangen, unter welcher ich die Besichtigung der Anstalt ausgeführt hatte. Die Erzählung dieser, wie so vieler anderer Begebenheiten meiner Reise gehört nicht in diesen Bericht 3).

Der Y o-lu-shan liegt unmittelbar westlich von Tshang sha fu. Eine grosse, bei Hochwasser überfluthete Insel trennt den Fluss in zwei Arme, deren westlichen ich jetzt trockenen

') [ Vgl. die Anm. am Schluss von Caj . IX.]

  1. [Nach einer Notiz im Tagebuch wäre dieser Sandstein »wahrscheinlich einem Theil der Steinkohlen-Formation angehörig« und wird insbesondere mit den eben erwähnten Schichten bei Hwang-shi-kiang am Yangtszékiang (Provinz Huyéi) verglichen (s. unten, Cal. X).

  2. [Eine ausführliche Schilderung dieser Vorgänge ist daher in »Tagebücher aus China « Bd. I., S. 392 398, veröffentlicht worden.]

v. Richthofen, China III.   30