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0743 China : vol.3
China : vol.3 / Page 743 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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DIE GEGEND VON HANG-TSHÓU-FU.

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standen Paläste der Grossen und zahlreiche Tempel ; die Inseln im See waren Stätten des Vergnügens; Tausende von bunten Booten bewegten sich auf dem Wasser. Im Osten grenzte an den See der ebenso weitläufige wie prunkhafte Kaiserliche Palast. Der See war in den Augen der Chinesen die schönste Stätte auf Erden und das Paradies des Vergnügens und Genusses: Sein Ruf verbreitete sich nach West-Asien und durch MARCO POLO nach Europa.

Meine erste Sorge in Hang-tshóufu war es gewesen, ein Boot für die Fahrt bis Tshönn-

kiang zu miethen. Zwei Mitglieder der americanischen Mission, GREEN und KREMER, kamen meiner Unerfahrenheit in liebenswürdiger Weise zu Hülfe. Ein schriftlicher Contract wurde abgeschlossen. Ich bestieg das Boot auf einem der vier oder fünf Canäle, welche die Stadt durchziehen und zu der Sage von I0000 Brücken und einem venezianischen Charakter Anlass gegeben haben. Ein wenig nordwärts von der Stadt blieb ich die Nacht, um am folgenden Morgen den See zu besuchen.

Eine Wanderung von 3 g. M. [5,5 km] brachte mich an den See [vergl. die Skizze, Fig. 87].

Hier nahm ich ein Boot und fuhr zuerst nach der Insel Ku-shan. Sie ist ein dicht bewachsener, parkartig angelegter Hügel. Breite künstliche Dämme, welche durch hohe, gut gebaute Bogen-Brücken unterbrochen werden, verbinden sie nach zwei Richtungen mit dem Land. An der Süd-Seite standen noch die gelben, mit gelbglasirten Ziegeln gedeckten Umfassungsmauern eines Sommer-Palastes, in welchem Kaiser KIËN-LUNG zeitweise gewohnt haben soll. An den Gehängen, besonders in versteckten Winkeln, standen zierliche Pavillons, welche der Zerstörung entgangen waren. Südlich davon liegt eine kleine Insel, gerade gross genug, um einen Pavillon zu tragen. Die Tiefe des Seees fand ich nur 3 bis 4 Fuss [90-120 cm]. Das Wasser ist klar, der Boden mit Pflanzen überwuchert. In späterer Jahreszeit ist auch die Oberfläche mit Vegetation, besonders Seerosen, stark bedeckt ; dann gewährt der See von den Höhen den Anblick eines blüthenreichen Tümpels. An den Ufern kommt man bei der Wanderung zu zahlreichen Ruinen. Sie haben allerdings, wie gewöhnlich in China, nichts Imponirendes, da die Hochbauten aus Backsteinen und Holz bestanden. An Steinbauten erinnern ausgedehnte, mit Porphyr-Quadern gepflasterte Plattformen, zu denen Stufen hinauf führen. Auf ihnen sieht man noch steinerne Löwen, umgestürzte Säulen und andere Reste. Viele Ruinen fand ich in einem beinahe unzugänglichen Dickicht von hohem Schilf und Weiden, welches eine Verebenung im Westen des Seees bedeckt. Hier gab es zahlreiche Gräber, darunter auch einige von hohen Würdenträgern, welche noch jetzt in gutem Stand erhalten wurden. Später fand ich auch bei einer Wanderung an der Süd-Seite viele Spuren der alten Cultur: überwachsene Steinwege ; vornehme Begräbnisplätze, deren Zugangswege mit steinernen Thier-Figuren besetzt sind ; künstliche mit Quadern ausgemauerte Wasserbecken, die in Stufen über einander angeordnet sind ; und vielerlei andere Bauten. Die bemerkenswerthesten und am besten erhaltenen Monumente aus alter Zeit sind drei den See beherrschende Pagoden, eine dick und plump, eine andere dünn und schmächtig, eine dritte von gefälligeren Verhältnissen.

Von der vereinsamten Stätte ehemaligen Lebens wandte ich mich den westlichen Hügeln

zu. Sie steigen bis etwas über woo Fuss [300 m] an. Drei Thäler kommen von ihnen nach dem See hinab. Sie haben die Richtung SW—NO. Im nördlichsten ging ich aufwärts nach dem berühmten Wallfahrts-Tempel Tiën-tso-miau. Er liegt in einem grünen, von steilen Abhängen dicht eingeschlossenen Kessel. Der ungefähr 4 g. M. [7 km] lange Weg ist gepflastert. An ihm drängen sich Wirthshäuser und Krambuden, in denen die Priester selbst Alles für den Tempeldienst und Opferspenden Erforderliche feil bieten.

Bei einer späteren Gelegenheit, am 28. October 1869, als ich vom Poyang-See über

Hang-tshóufu nach Shang-hai reiste, bestieg ich vom Ufer des Tsiën-tang-kiang aus den südlichsten bis 1200 Fuss [350 m] aufragenden Höhenrücken, welcher diesen Strom von dem nächsten der drei kleinen Zuflüsse des Hsi-hu trennt und ihn zur Wendung nach ONO, dem Meere zu, zwingt. Der Tsiën-tang-kiang ist hier etwa 1 '/2 g. M. [2,8 km] breit. Ich ging nach dem See hinüber, und zurück nach dem Landungsplatz bei Hang-tshóufu. Es eröffnen sich schöne und lohnende Ausblicke. Reiche, von Schlinggewächsen durchflochtene Strauch-Vegetation bedeckt das Gehänge. Früher bestanden hier, besonders am Nord-Gehänge, viele Thee-Pflanzungen. Die meisten waren jetzt verwildert, von anderen hohen Sträuchern und rankenden Pflanzen überwachsen; aber gerade diese Thee-Sträucher waren gesund, während weiter hinab, wo die sorgfältige Pflege wieder begonnen hatte, eine Flechte denselben viel Schaden zufügte. Die meisten Thee-Pflanzungen sind hier terrassirt.