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0549 China : vol.3
China : vol.3 / Page 549 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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DIE HUNANESEN.

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Die Bewohner von Hunan.

In jeder Provinz von China haben die Bewohner, wie ich an einer anderen Stelle zu zeigen suchte,') einen besonderen Typus. Dies gilt von Hunan in besonderer Weise. Wer sich unter diesen Leuten bewegt hat, der erkennt das runde, etwas grobe, aber ehrliche Gesicht des Hunanesen stets wieder. Man hat oft Gelegenheit, sie zu sehen ; denn sie bilden das Haupt-Contingent der chinesischen Soldaten, und wo, wie im fernen Westen zum Schutz gegen unabhängige Stämme, Freiwillige gebraucht werden, da sind sie fast Alle aus dieser Provinz. Dagegen findet man sie nirgends in Bank- oder kaufmännischen Geschäften, und so viel sie auf ihren eigenen Flüssen Schifffahrt treiben, scheinen sie sich dafür über ihre Provinz hinaus doch nicht zu verdingen. Meine erste Bekanntschaft mit ihnen war eine äusserst unfreundliche; auch weiterhin hatte ich viel Schwierigkeiten. Nirgends fand ich das Volk so roh gegen die Fremden; nirgends sind sie, wie ich später erfuhr, in so hohem Grade wie hier durch Verbreitung unfläthiger Schmähschriften gegen den europäischen Eindringling erbittert worden. Katholische Missionen gab es in Hunan fast garnicht, weil sie nicht geduldet wurden.

Und doch gewann ich zu diesen Leuten mehr und mehr Zuneigung. Zunächst, als ich mit einzelnen Gebildeteren unter ihnen zusammen kam. Ich fand sie intelligent, wahrhaftig, offen und von einer Zuvorkommenheit, die sich nicht

auf Worte beschränkte, sondern sich durch die That äusserte.   Unter allen
Chinesen halten sie am conservativsten fest an alten Sitten und Ueberzeugungen. Die Zucht in der Familie wird heilig gehalten ; Fehltritte werden mit mehr als barbarischer Strenge bestraft. Das macht ihnen auch die Neuerungen so verhasst, welche sie von dem Einfluss der Fremden fürchten.2)

Aus Hunan gehen nicht nur die besten Soldaten von China hervor. Es ist auch die Geburtsstätte hervorragender Staatsmänner. Einige, welche in der neusten Geschichte die erste Rolle gespielt haben, stammen von dort. Die Yo/uHochschule bereitet Tausende für die höchsten Staatsprüfungen vor.

Angenehm berührt der Wohlstand, welcher in den von mir besuchten Theilen der Provinz vorhanden ist. Ich fand die Leute, mit Ausnahme von Sz'tshwan, nirgends so gut gekleidet. Ihre Wohnhäuser sind verhältnissmässig gut gebaut. Bettler, die sonst eine so häufige Erscheinung sind, habe ich hier nicht wahrgenommen. Der Landhäuser der reichen Leute habe ich bereits als einer seltenen Erscheinung für China erwähnt.3) Sie bilden eine Art Grundadel und besitzen zum Theil grössere Strecken Landes, aus deren Verpachtung an viele Kleinbauern sie ihre Einkünfte beziehen. Vielleicht hängt damit die grosse Zahl der Mandarine zusammen, die aus dieser Provinz hervorgehen.4)

  1. S. hier, Bd. II, S. 36 ff.

  2. [Die Fremdenfeindlichkeit der Hunanesen wird auch noch von HARFELD, a. a. O., S. S, hervorgehoben. Dagegen stimmt auch neuerdings WINGATE (a. a. O., 1899, S. 645) in das Lob der Hunanesen ein.]

  3. S. oben, S. 463.

  4. [Als Ergänzung zu diesem Abschnitt s. » Tagebücher aus China«, Bd. I, S. 402 ff.]