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0036 China : vol.1
China : vol.1 / Page 36 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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XXX

UEBERSICHT DER REISEN DES VERFASSERS IN CHINA.

nöthig sei. Allein in keinem Land , von welchem überhaupt Karten existiren, steht die exacte Kenntniss , wie sie unseren heutigen Anforderungen der Wissenschaft entspricht , in so grossem Missverhältniss zu der Menge bekannter Einzelheiten ; und es ist nicht zu viel gesagt, wenn man China , mit Ausnahme eines verschwindend kleinen Bruchtheils, im Sinn der jetzigen Ansprüche der Geographie als ein unverstandenes, fast möchte man sagen, ein unbekanntes Land bezeichnet; allerdings keineswegs in der Art wie dies die weissen Flecke auf unsern Karten von Africa sind , wohl aber in höherem Grad als es von solchen Gebieten dieses Continentes gilt , wo gebildete Forschungsreisende auch nur Theilaufnahmen gemacht haben ; denn in diesen Fällen ist wenigstens in der Kenntniss der physikalischen Verhältnisse einzelner Landstriche eine sichere und den heutigen Anforderungen entsprechende Grundlage gegeben, auf welcher sich Schlüsse mit einigem Anspruch auf Wahrscheinlichkeit weiter aufbauen lassen , während die Karte von China , mit Ausnahme einzelner Küstengegenden und eines Theils des Laufes des Yangtszé, noch überall der wissenschaftlichen Aufklärung harrt.

Der Grund dieses scheinbaren Widerspruches liegt in der Methode der vorhandenen Beschreibungen und graphischen Darstellungen. Die ersteren sind, 'soweit sie von den Chinesen selbst herrühren , ein trocken und geistlos zusammengestelltes statistisches Material , werthvoll durch seine Zuverlässigkeit , wo die Angaben auf wirklicher Zählung und Messung beruhen , aber ungemein arm an Angaben. aus denen sich der Charakter des Landes erkennen liesse. Ebenso trocken und leer sind ihre Karten. So dankenswerth die in allgemeinen Zügen getreue und gewissenhafte Niederlegung der Wasservertheilung in dem weiten Gebiet des grossen Culturlandes ist , verhält sich doch die chinesische Karte zu den besten, welche Europa producirt , wie der Schattenumriss der Silhouette zu dem lebensvollen Portrait , das die Künstlerhand entwirft. Der Contrast wird klar ersichtlich, wenn man die chinesische Darstellung der Hochgebirgsgegenden im Oberlauf des Yang-tszé-kian; mit den neueren Blättern des von der Indischen Regierung herausgegebenen Indian Atlas vergleicht , welche einen Theil der nahe gelegenen Gebirgsländer im Oberlauf des Indus umfassen. China sieht auf den einheimischen Karten in allen Theilen gleich aus ; nur die Menge der zwischen die Flussläufe eingestreuten Zeichen für Berge und der Namen für Ortschaften bringt eine geringe, selbst wieder monotone Abwechselung hervor, während auf den zur Vergleichung angeführten Blättern jeder kleinste Theil den reichen Formenwechsel zur deutlichen Anschauung bringt. Dieser Umstand mag dazu beigetragen haben, den Begriff endloser Einförmigkeit als ein herkömmliches Attribut des Bildes, das man sich von China macht , zu befestigen.

Der Darstellung der Geographie von China durch europäische Gelehrte standen zwei Wege offen. Einerseits bot sich ihnen der unerschöpflich reiche Born der einheimischen Literatur. einschiesslich der kartographischen Darstellungen , und seiner Benutzung haben sich viele Kräfte gewidmet. Andererseits konnten sie selbst beobachtend und forschend vorgehen. Allein fast Alle , welchen dazu Gelegenheit

gegeben war, wurden durch die Besonderheiten gefesselt , welche der Mensch und seine Einrichtungen darboten. Die Formen der Staatsverfassung und Verwaltung,

die Eigenthümlichkeiten des socialen Lebens , der Religion und Cultur , die Ge-

schichte des Volkes , seine Sprache und sein Charakter — diese und verwandte Gegenstände nahmen ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Zwar hat die katholische

Mission einen hervorragenden Geographen in dem trefflichen Pater MARTIN MARTINI hin der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts) aufzuweisen ; aber seine Auffassung