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0509 China : vol.1
China : vol.1 / Page 509 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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UEBERSICHT DER DRITTEN PERIODE.

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rend in die turanischen Niederungen. So sehen wir in dieser Periode , von dem Anfang des zweiten Jahrhunderts v. Chr. an, das Schauspiel eines steten Drängens der Steppenvölker nach Westen hin , das , mehr und mehr anschwellend , den Sturz manches mächtigen Reiches und mancher blühenden Cultur nach sich zieht und im weiteren Fortschreiten während der nächsten Jahrhunderte sich zu jener gewaltigen Episode der Geschichte, der asiatisch-europäischen Völkerwanderung, gestaltet. Es ist das grösste Moment, in welchem die Geschichte des Ostens und des Westens sich gegenseitig berühren. Die Erbauung der Grossen Mauer liegt ihm als äussere Veranlassung zu Grunde 1) .

Die Chinesen aber , im Innern erstarkt , vermögen zum ersten Mal den Krieg in Feindes Land zu tragen, ihren Gegnern Grenzen anzuweisen und, indem sie sich mit den Völkern verbünden, die sie selbst von der Schreckensherrschaft der Hiungnu befreit haben , sich einen Weg nach fernen Culturländern am Oxus und Yaxartes zu bahnen, die sie vorher nicht einmal dem Namen nach gekannt hatten. Als sie nicht die nöthige Achtung finden, sind sie im Stande, Armeen dorthin zu senden. Ein lebhafter Handel entwickelt sich, der durch das ganze erste Jahrhundert v. Chr. fortdauert. Noch einmal tritt ein Rückschlag ein : die Hiungnu wiederholen ihre Raubzüge , die Verbindungen sind abgebrochen. Aber weiter als das erste Mal dringen die Chinesen zu Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. , nach 56jähriger Unterbrechung des Verkehrs, vor und senden ihre Heere bis zum Kaspischen Meer. In glücklicher Combination breiten um dieselbe Zeit die Römer ihre Herrschaft am weitesten nach Osten aus , und China kommt mit ihnen beinahe in Berührung. Aber noch ehe die Bekanntschaft zu einem lebhaften wechselseitigen Verkehr geführt, und eine genauere Kenntniss von einander sich entwickelt hat, treten Ereignisse ein , welche die Beziehungen lockern und die Centren der höchsten Cultur im fernsten Orient und Occident wieder einander entfremden. Unbestimmter in ihren Formen werden auf beiden Seiten die Vorstellungen , die man von einander gewonnen hat, und im Westen nehmen die Erzählungen der Schriftsteller von dem gerühmten seidenbringenden Volk bald einen mährchenhaften Charakter an. Zwar bestrebte man sich in China zu wiederholten Malen, durch Reisen und Aussendung von Expeditionen die Kenntniss der Zustände in den westlichen Ländern wenigstens bis zum Pamir hin aufrecht zu erhalten und das Mutterland der inzwischen angenommenen buddhistischen Religion zu erforschen. Aber die wechselseitigen Beziehungen ruhen, bis auf einige von Zeit zu Zeit von der einen oder der anderen Seite geschickte Gesandtschaften. Erst im siebenten Jahrhundert beginnt, mit unsrer vierten Periode, eine neue Epoche der gegenseitigen Annäherung, die aber für die Bewohner der Westländer in Hinsicht auf die Entwickelung der geographischen Kenntnisse von geringerer Bedeutung ist, da den Chinesen nicht mehr eine in allen

Beziehungen ebenbürtige Macht gegenübersteht.

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1) Schon RITTER hat beiläufig auf diese Bedeutung der Grossen Mauer für die europäische Geschichte hingewiesen; ebenso BASTIAN in Verhandlg. der Gesellsch. f. Erdk. zu Berlin, II, 1874, p. 141.

Sie verdient mehr Berücksichtigung als sie bisher erfahren hat.