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0461 China : vol.1
China : vol.1 / Page 461 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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ISOLIRUNG DER CHINESISCHEN CULTUR.

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gewährt die strenge Rechtlichkeit des Chinesen , wo er eine Verpflichtung eingegangen ist oder stillschweigend anerkennt , neben seiner maasslosen Liebe zum Betrug, wo er sich durch solche Rücksichten nicht gebunden glaubt. Ebenso steht eine strenge Wahrheitsliebe in der Erzählung geschichtlicher Ereignisse und ein Streben nach richtiger Erkenntniss, wo es sich um statistische Thatsachen handelt. der vollkommenen und allgemein gebilligten Licenz im Lügen und Dissimuliren gegenüber, wie sie im täglichen Leben und in staatlichen Verhandlungen gleichmässig herrscht. Auch ist es erstaunlich, bei dem hohen Grad von Beobachtungstalent und Denkfähigkeit, welcher die Nation auszeichnet und sie ebenso zu praktischen Erfindungen, wie zu einer nicht unbedeutenden Höhe in der Gelehrsamkeit und einer Werthschätzung der letzteren geführt hat, doch einen gänzlichen Mangel an Fähigkeit zur Abstraction, an Bestrebungen, aus den Erscheinungen auf deren Ursachen zu schliessen und von ihnen Gesetze abzuleiten , daher an Erkenntniss der Gesetze der Causalität und an jeder wissenschaftlichen Methode zu finden. Solche Missklänge erscheinen uns als psychologische Räthsel. Aber sie sind gewiss nur darin zu suchen, dass von aussen her keine läuternden und veredelnden Ideen eingeführt wurden, welche im Stande gewesen wären , die Entwickelung der innewohnenden Elemente des Barbarismus zu hemmen, und dass desshalb die Chinesen von jener Summirung der Entwickelung der in den Charakteren verschiedener Stämme liegenden besseren Triebe und der Errungenschaften auf geistigem Gebiet, wie sie der gegenseitige Verkehr hervorbringt , ausgeschlossen waren. Rohes Material haben sie vielfach aufgenommen und mit sich verschmolzen, theils solches, das sie uransässig im Lande vorfanden, als sie nach und nach dessen verschiedene Theile in Besitz nahmen , theils solches , das , ihnen selbst stammverwandt und die gleichen Mängel in erhöhtem Maass besitzend, aus den Steppen hereinströmte. Sie vermochten es zum grossen Theil umzuformen und zur eigenen Höhe heran-

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jenigen, welche sie sicher und ohne Gefahr für sich selbst in ihrer Hand haben, zu Acten der furchtbarsten Grausamkeit veranlasst, welche an Raffinement die Folterqualen der mittelalterlichen Gerichtshöfe übersteigen. Die Habgier der Beamten ist nicht selten das treibende Motiv. 'So wurden z. B. die haarsträubenden Leiden, denen man die in Untersuchungshaft Befindlichen aussetzt urn von ihren Familien Summen für ihre Befreiung zu erpressen, aufgedeckt , als die Engländer und Franzosen im Jahr 186o den Zugang zu (len Gefängnissen von Canton erzwangen; und mit welchem Behagen die Gerichtsdiener den Gefangenen die erdenklichsten Qualen auferlegen, und sie erst freilassen, wenn den Angehörigen das letzte Stück Kupfergeld abgezwungen ist, hatte ich selbst zu beobachten Gelegenheit. Am furchtbarsten aber kommen (lie barbarischen Triebe hei Zusammenrottungen wie bei geordneten Massen zur Geltung, wenn dieselben sich ihrem Feind überlegen fühlen. Kriegsgefangene z. B. werden umgebracht, und man ersinnt die langsamsten Martern um sich desto länger an dem *hauspiel weiden zu können. Bei Tientsin wurden gefangene englische Soldaten, denen man die Augenlider abschnitt, an Händen und Füssen aneinander gebunden der brennenden Sonne ausgesetzt, bis der Wahnsinn sie tödtete. Die Taiping-Rebellen pflegten zur Erheiterung beim Bivouac die Bevölkerung ganzer Dörfer an den Daumen aufzuhängen und durch ein darunter angezündetes Feuer langsam zu verbrennen. Als im Jahr 1872 der tapfere Führer der Miau-tsze

Kw0-tshóu gefangen wurde, tödtete man ihn, iii.dén %man Glieder und Körper mit Drath fest umwickelte und das herausquellende Fleisch abschnitt:=,:ùd ;so gibt es hundert andere Arten von Torturen, welche den kaiserlichen Soldaten ebenso angenehm'~ferhaltungen sind wie den Rebellen. Und (loch sind diese' Acte der Barbarei gering im Vergleich zu der Niedermetzelung der gesammten Bevölkerung von Städten, die hunderttausende von Einwohnern haben , wie dies sowol bei der Taiping-Rebellion als bei denen in Yünnan und Shensi noch in (len letzten zwanzig Jahren vielfach geschehen ist.

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