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0802 China : vol.1
China : vol.1 / Page 802 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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730   DIE HEUTIGEN AUFGABEN DER WISSENSCHAFTLICHEN GEOGRAPHIE.

verschiedener Weise aufgefasst. Es sollte stets im Auge behalten werden , dass der Gegenstand der wissenschaftlichen Geographie in erster Linie die Oberfläche der Erde für sich ist, unabhängig von ihrer Bekleidung und ihren Bewohnern. Dies ist die einzige Domaine, welche ihr ausschliesslich zusteht. Um sie zu beherrschen, hat sie vor Allem , mittelst der exacten Bestimmung der geometrischen Verhältnisse in horizontalem und verticalem Sinn , die Anordnung der Oberflächenformen des Festen und Flüssigen, die Vertheilung der Gebirge , Thäler und Ebenen , den Lauf , das Gefäll und die Verzweigungen der Gewässer , die Verbreitung der den Oberflächencharakter bestimmenden Bodenarten und Gesteine zu erforschen, und die Gesetze in diesen Erscheinungen zu ergründen. Letzteres aber vermag sie einzig und allein an der Hand der Geologie zu thun, insoweit diese ihr die innere Structur des Bodens, in der jene Gesetze begründet sind, verstehen lehrt. Eine wissenschaftliche Geographie im Sinn unsrer Zeit ist daher ohne diejenige geologische Grundlage, welche durch eine möglichst genaue geognostische Kenntniss der zu behandelnden Länder gewonnen wird, undenkbar. Dieser Theil dessen, was man häufig als » Geognosie « zu bezeichnen pflegt, kann in der That als der Gemeinbesitz der Geologen und Geographen betrachtet werden, und zugleich als der Ausgangspunkt, von dem aus die beiden , auf einem grossen Gebiet innig ineinander greifenden Wissenschaften in ihren Zielen auseinandergehen. Der Geologie fällt die abstractive Betrachtung der den Boden zusammensetzenden Elemente, der Art ihres Ineinandergreifens und der umgestaltend wirkenden Agentien zu. Die daraus sich entwickelnden Zweige der Forschung : die Petrographie , die Stratigraphie , die Geotektonik und die dynamische Geologie , liegen bereits weit von dem Arbeitsfeld des Geographen ab , und noch mehr entfernt sich von seinen Aufgaben das eigentliche Ziel des Geologen, die Erforschung der Entwickelungsgeschichte der Erdrinde und der auf ihr lebenden Organismen, so reiches Material auch Jener aus diesen Untersuchungen für das bessere Verständniss der Probleme seiner eigenen Wissenschaft erhält.

Die Geographie geht von der Kenntniss der Zusammensetzung und Gliederung der gegenwärtigen Erdoberfläche nach einer anderen Richtung und nach einer anderen Methode vor. Zunächst schon bildet jene Kenntniss nur einen Theil ihres Fundamentalgebietes. Der zweite, der in der Kartographie zum bildlichen Ausdruck kommt, hat die reine Form des Bodens zum Gegenstand. Auf den Wechselbeziehungen beider Gebiete und ihrer vergleichenden Betrachtung nach möglichst vielseitigen und umfassenden Gesichtspunkten beruht die geographische Methode.

Erst auf dieser erweiterten und gesicherten Grundlage erwachsen jene Zweige der Geographie — im Gegensatz zur reinen könnte man sie angewandte Geographie nennen — welche sich in erster Linie aus den Beziehungen der Form und Beschaffenheit der Oberfläche, des Festen wie des Flüssigen, zur Physik des Erdkörpers und zu den klimatischen Zuständen und atmosphärischen Bewegungen entwickeln, und in zweiter Linie aus den combinirten Beziehungen beider Classen von Erscheinungen zu der Pflanzenbekleidung, zu der Verbreitung der Thiere , zu der