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0463 China : vol.1
China : vol.1 / Page 463 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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STARRE FORM DER CULTUR.

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sophischer Toleranz, von der dargebotenen Nahrung wesentliche Bestandtheile aufnehmen zu können. Nur das was in den vorgeschriebenen Schranken Raum hatte und sich mit den Regeln des Alterthums vereinigen liess , wie z. B. astronomische Kenntnisse und einzelne nützliche Erfindungen , vermochten sie zu verstehen und sich anzueignen. Was hingegen eine tiefere Umgestaltung der Anschauungen voraussetzte , das blieb von selbst ausgeschlossen , so wenig man ihm den Zutritt verwehren mochte ; oder es wurde nach der bestehenden Schablone modificirt und nur decorativ innerhalb derselben verwendet, wie der Buddhismus. Es geschieht daher nicht mit vollem Recht, wenn man es dem Chinesen vorwirft, dass er sich gegen die Annahme der ihm dargebotenen Verbesserungen sträubt. Denn die Veränderung ist nicht seinem Belieben unterworfen. Unfreiwillig und aus historischer Nothwendrgkeit wehrt er sich gegen dieselbe, oder sieht vielmehr mit stoischer Selbstzufriedenheit , ohne Bewunderung und Anerkennung, und daher ohne das geringste Streben nach ihrem Besitz, auf die ihm dargebotenen geistigen Güter herab. Unter den Angehörigen aller Völker ist er der einzige, der sich der geistigen Oberhoheit des Europärs weder in der Theorie noch in der Praxis des Lebens unterwirft , weil er in derjenigen Culturform , die er als die allein richtige anerkennen kann, da sie das für ihn über alles Bestehende erhabene Alterthum geleitet hat, selbst am höchsten steht. Dasselbe Gefühl erstreckt sich auf untergeordnete Dinge und geht so weit , dass er in allen Klimaten und unter allen Verhältnissen Tracht, Sitten und Lebensweise beibehält, oder sie höchstens zeitweise aus Rücksichten der Zweckmässigkeit verändert.

Diese Eigenthümlichkeiten sind es , welche die chinesische Cultur starr und, als die einzige der Welt neben der europäischen , unbeugsam machen. Das Aufwachsen der Nation in ihr , und das harmonische Verwachsen des Einzelnen mit ihr geben ihr Festigkeit und Halt. Es ist den Chinesen gelungen , ihre Cultur einzelnen anderen Völkerstämmen aufzudrängen. Aber nur bei denjenigen unter ihnen , welche sie voll und ganz , mit Schrift , Literatur, Lebensweise , Sitten und Tracht angenommen haben, wie die früher unabhängigen Stämme im südwestlichen China, die auch die Geschichte ihrer Sieger als ihre eigene betrachten, sowie auch bei denjenigen, welche sich, wie die Mantshu, durch Vermischung mit den Chinesen assimilirt haben , hat sie den gleichen Halt gewonnen. Sie besitzt ihn nicht, wo ein Volk sie, durch ihre hohe Entwickelung geblendet, halb angenommen hat. ln diesem Verhältniss befinden sich die Japaner. Gänzlich unfähig, wie es scheint, aus sich selbst eine eigene Cultur zu schaffen, aber mit einem ungewöhnlichen Maass von Receptivität und geistiger Regsamkeit begabt , sogen sie mit vollen Zügen ein was China ihnen bot , als sie zuerst mit dem grossen Nachbar bekannt wurden. Aber ihr Charakter, ihre *Beweglichkeit, ihr reger, wenn auch unentwickelter und unmethodischer Forsc i gssinn , ihre grosse , wiewol niedergedrückte Strebsamkeit, machten sie zu ungeeigneten Trägern dessen was sie aufnahmen. Die chinesische Cultur war für sie ein Gewand , das ihnen nicht passte, und nach dem sie nur in Ermangelung eines besseren griffen. Nie verwuchsen sie

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