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0696 China : vol.1
China : vol.1 / Page 696 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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626 X. CAPITEL. ENTWICKELUNG DES AUSWÄRTIGEN VERKEHRS. I205-1517.

In welchem Maass die Lehren der Kirche damals das ganze Denken beherrschten , ist an keinem Schriftsteller deutlicher ersichtlich , als an dem vielgereisten COSMAS , den doch seine reichen Ansçhauungen eines Besseren hätten belehren sollen. Es sind in ihm gleichsam zwei ganz verschiedene Personen vereinigt ; denn was der reisende und auch beobachtende Kaufmann sah und von Taprobane (Ceylon) und Tsinitza (China, s. oben S. 525 und 523) zu erzählen wusste , das bleibt ohne jeglichen Einfluss auf das kosmographische Lehrgebäude , das der Mönch entwarf. In dem Tabernakel der Israeliten und in der Arche Noah's fand er die Modelle für die Construction des Weltgebäudes. Daher machte er es viereckig wie den Taber- nakel ; und da für diesen eine Länge von zwei Ellen und eine Breite von einer Elle vorgeschrieben war, so fand er, dass die Erde vierhundert Tagereisen lang und zweihundert breit sei. Diese Unterlage ist zu einem Berg aufgeschwollen , hinter dem die Sonne untergeht und bei ihrem Aufgang wieder hervorkommt. Darüber erhebt sich , von den Rändern des Vierecks erst mit geraden Wänden aufsteigend, dann oben gewölbt, das krystallene Firmament wie ein grosser Glaskasten , nach dem Vorbild von Noah's Arche t) .

Die Theorie der viereckigen Gestalt der Erde fand jedoch wenig Anhänger. Daher wurde auch diese Form der Zeichnung verhältnissmässig wenig angewandt 2) ,

und man kam mit Vorliebe auf die kreisförmige Darstellung zurück, die im Alter-

,

thum, als die Kugelgestalt der Erde unbestritten dastand , eingeführt worden war. MÜLLENHOFF hat es wahrscheinlich gemacht, dass die von PLINIUS für die Angaben der Grenzen, sowie der Längen und Breiten der Länder benutzte Weltkarte, welche, von AGRIPPA entworfen , erst nach seinem Tod im Jahr 12 v. Chr. von AUGUSTUS in dem Porticus des Campus Agrippae ausgeführt wurde und zuerst um 15 n. Chr. von STRABO erwähnt wird , kreisförmig war und den Prototyp für die Weltkarten der nachfolgenden Jahrhunderte bildete °i) . Da jedoch seit IIERODOT die Lehre, dass

bT

  1. Zu allen Zeiten sind keine menschlichen Doctrinen mit grösserem Feuereifer vertheidigt worden, als diejenigen welche auf Wahn beruhen. Unter den Weltbildern des frühen Mittelalters nimmt dasjenige, welches COSMAS (allerdings nach dem älteren Vorbild des ChaldäeTs PATRICIUS) entwickelt, als Phantasmagorie (lie erste Stelle ein ; und doch ist selten ein grösseres Maass sittlicher Entrüstung zu Tage gegefördert worden, als COSMAS gegen diejenigen schleudert, welche anders glauben könnten. Er wähnt auf die Bibel zu bauen, und ist sich nicht bewusst, wie er die Auslegung ihres Wortlautes nur dem Gebilde der eigenen Phantasie anpasst. Ganz ähnlich verhält es sich mit MARIGNOLLI (s. oben S. 618) . Mit wahrhaft erheiterndem Eifer tritt er für seine Ansichten über das Paradies und die Verbreitung der Völkerstämme ein, und die heilige Schrift dient ihm als Folie der eigenen Unfehlbarkeit. Andere Beispiele lassen sich bis in die neueste Zeit verfolgen; aber je weiter die Aufklärung vorschreitet, desto mehr nehmen sie einen grotesken Charakter an. Selbst das Jahr 1876 hat seinen COSMAS in dem Leiter jener Schule in England aufzuweisen, welche durch eine Zeitschrift (lohn Hampden's Monthly , the truth seekers oracle and scriptural science review) und weitverbreitete Circulare NEWTON und alle Gelehrten nach ihm in cynischer Weise als Betrüger brandmarkt , um mit unglaublicher Emphase die Kugelgestalt der Erde abzuleugnen und letztere als eine unendlich ausgedehnte Scheibe darzustellen, deren Centrumn der Nordpol sei, und über der die Sonne in der Höhe von ein tausend englischen Meilen kreise. Auch diese Doctrinen werden als ein Ausfluss biblischer Studien dargestellt.

  2. Hieher gehört z. B. die von SANTAREM a. a. O. vol. II, • (p. 25) beschriebene Mappamundi aus dem fiten Jahrhundert , welche sich in der Bibliothek ALBI befinden und die Welt in der Gestalt eines

langgezogenen Vierecks darstellen soll.

  1. MULLENIIOFF, über die Römische Weltkarte, Zeitschrift Hermes IX, 1874, p. 182 ff. Die Karte

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