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0679 China : vol.1
China : vol.1 / Page 679 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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MARCO POLO.

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in Venedig sich gedrungen fühlten , ihre dem grossen Khan versprochene zweite Reise nach seinem Hof nicht länger hinauszuschieben , waren sie noch nicht im Stande gewesen ihren Auftrag auszuführen. Bei dieser zweiten Reise nahmen sie NICOLO's Sohn MARCO mit, welcher damals 17 Jahre alt war. Unterwegs erfuhren sie , dass endlich ein Papst gewählt sei , und zwar in der Person ihres Gönners TEBALDO, des in Acre residirenden päpstlichen Legaten für Aeg,ypten. Sie kehrten zu ihm zurück, erhielten aber statt der gewünschten einhundert nur zwei Mönche als Begleiter, und diese verloren schon beim Antritt der Reise den Muth wegen einer drohenden Gefahr und übergaben ihre Beglaubigungsschreiben den POLO'S, welche nun allein die Reise fortsetzten. Drei und ein halbes Jahr waren sie unterwegs bis sie ihr Ziel erreichten. Der Weg, welchen sie machten, ist in vielen seiner Theile bis heute nicht wieder von Europäern besucht worden und gewährt ein grosses Interesse. Sie gingen über Mosul und Baghdad nach Hormuz, wahrscheinlich mit der Absicht von hier den Seeweg anzutreten, schlugen aber dann doch wieder den Landweg ein, gingen über Khorasan nach Balkh und Badakhschan und über die Pamirpässe nach den damals blühenden Oasenreichen Kashgar , Yarkand und Khotan. Die Bewohner dieser Städte, selbst der letzteren, welche doch ein so uralter und heiliger Sitz des Buddhismus gewesen war, fanden sie als Mohamedaner vor : doch gab es in Kashgar und Yarkand auch nestorianische Christen. Von Khotan aus schlugen sie den Weg am Südrand des Tarym-Beckens ein, der uns hier

zum ersten und letzten Mal aus europäischen Quellen beschrieben wird. Auf dem

weiten Wüstenmarsch nach dem Lop-See gab es zwei bewohnte Orte, Pein und

Ciarcian 1) , letzterer fünf Tage von der Stadt Lop entfernt, wo das Gebiet des Khan begann. Nach einem dreitägigen Wüstenmarsch wurde Sacion (S h a -t s h ó u; erreicht,

wo MARCO POLO zum ersten Mal die religiösen Gebräuche der Buddhisten sah.

Hier begann das frühere Reich Taugatt, welches TSHINGIS-Khan kurz vor seinem

Tod im Jahr 1297 erobert hatte. S ú- t s h ó u (Siicciur) scheint ein Hauptsitz der

Nestorianer und zugleich das Centrum des Rhabarberhandels gewesen zu sein.

K a n -t s h ó u - f u (Kampicii) war die Hauptstadt von Tangut , hatte also seine frü-

here Wichtigkeit (s. oben S. 529) bewahrt; die Nestorianer hatten daselbst drei schöne

Kirchen. Von hier gingen die Reisenden auf einem nördlichen Weg nach Shang-tu,

der Sommerresidenz von KUBLAI-Khan , wo sie wahrscheinlich im Mai 1275 an-

kamen und auf das Beste aufgenommen wurden. MARCO, der sich bald die Kennt-

niss der nothwendigen Sprachen und, wie er sagt, vier verschiedene Schriftweisen

aneignete und schnell die Gunst des Fürsten erlangte , trat in dessen Dienst , in

dem er mit steigenden Ehren durch siebzehn Jahre blieb. Während dieser Zeit

führte er mehrere Reisen von solchem Umfang aus, wie sie seitdem kaum in China

wiederholt und sicher nicht beschrieben worden sind. Schon die erste derselben

I) Dass beide Orte südlich vom Tarym lagen, hat erst YULE durch die Benützung neuerer Quellen bewiesen. Vorher hatte man angenommen, MARCO POLO sei von Khotan nach dem Südfuss des Tiën-shan gegangen. MARSDEN hat allerdings auf der seinem Buch beigegebenen Karte den Reiseweg südlich vorn Tarym gezeichnet, identificirt aber im Text Pein mit A k s u und Ciarcian mit K h ar a s h a r.

v. Ri c h t h o f e n, China. I.   39