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0460 China : vol.1
China : vol.1 / Page 460 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000260
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X. CAPITEL. ENTWICKELUNG DES AUSWÄRTIGEN VERKEHRS.

I

II

wird man es zu würdigen wissen, wie hoch die geistige Begabung und Bildungsfähigkeit desjenigen Volkes sein muss , das , ohne solche directe Anregung zu erhalten , oder wenigstens , ohne von einer fremden Cultur , wenn sie sich bot, wesentliche Bestandtheile ' anzunehmen , sich in den Stromgebieten des Hwang-ho und des Yang-tsze in ferner Isolirung selbstständig entwickelt hat. Niemals sahen die Chinesen neben sich ein Volk, das sie als ebenbürtig anerkennen konnten, und dem sie sich nicht vielmehr durch das , was sie erreicht hatten , weit überlegen fühlten. Gleiches war periodisch auch mit einzelnen Nationen des Westens der Fall ; aber Jene sind das einzige Volk der Welt, bei welchem dieser Zustand ohne Unterbrechung durch eine Reihe von Jahrtausenden fortgedauert hat, und zugleich das einzige des hohen Alterthums, welches der Träger der selbstgeschaffenen Cultur geblieben ist.

Die Vorzüge wie die Fehler der Chinesen lassen sich auf diese Entwickelung in der Abgeschlossenheit und das unausgesetzte Gefühl einer geistigen Superiorität über die anderen ihnen bekannten Völker der Erde zurückführen. Dadurch konnte ihre Cultur aus ihrem innersten Wesen heraus zu einem mit ihren geistigen Anlagen und Neigungen vollkommen harmonischen Ganzen verwachsen ; und es walten daher kaum irgendwo bei einer hochcultivirten Nation in ähnlichem Maass wie in China dieselben Grundzüge im Charakter des Volkes und seiner Einrichtungen , in der Religion und Staatswissenschaft, in der politischen Verwaltung, dem Familienleben, den Normen des geselligen Verkehrs , und , in Folge dessen , auch im Gang der Geschichte. Zwar berühren sich anscheinend unvermittelte Gegensätze im Charakter der Chinesen. Mit Ueberraschung gewahrt man es , wie, neben einer Verfeinerung im geselligen Ton, die die niederen Schichten der Bevölkerung in höherem Maàss durchdringt als dies bei den meisten Völkern Europa's der Fall ist, und einer hoch ausgebildeten Sittenlehre, welche in den Formalismus der Lebensregeln aufgenommen ist, die unmenschliche Rohheit und barbarische Zerstörungswuth der Nomadenvölker sich in ihnen forterhalten hat und sich ebenso durch Mangel an Mitgefühl mit den Leiden derjenigen, welche dem Einzelnen nicht durch engere Beziehungen verbunden sind , wie durch das Behagen an der furchtbarsten Grausamkeit gegen den Feind und das Vergnügen an der Vernichtung 'von 'Menschenmengen und menschlichen Werken manifestirt t . Einen entsprechenden Gegensatz anderer Art

z) Jeder Chinese ist voll Aufopferungsfähigkeit für seine Familie. Aber sein Mitgefühl erstreckt sich nicht darüber hinaus. Mit der grössten Kaltbliitigk t sieht er seine Mitmenschen in Leiden und Noth. Es ist kein seltner Fall, dass der Reisende auf der Tandstrasse einen Unglücklichen hilflos , verlassen und todtkrank , manchmal schon in den letzten Zügen, sieht. Es ist einer, der entweder überhaupt keine Familie hat, oder in der Gegend fremd ist. Niemand reicht ihm auch nur einen Trunk Wasser, und man schafft kaum nach dem Tod die Leiche aus dem Weg. Ein ähnliches Gefühl erstreckt sich selbst auf die Thiere. Mit rührender Sorgfalt_ pflegt der Chinese ein Thier, das ihm Vergnügen macht, wie ein gezähmter Vogel, oder Nutzen; bi#,,: wie ein Lastthier. Aber er kennt kein Erbarmen mit einem Thier, an das ihn Zuneigung oder 1.74 ysse nicht fesselt. Ein zur Nahrung gekauftes Huhn z. B. (ein Fall der gerade dem Reisenden häufig vorkommt) bindet er tagelang in qualvoller Stellung an, ohne ihm einen Tropfen Wasser oder ein Körnchen Futter zu geben. Derselbe Mangel an Mitgefühl, der sich im täglichen Leben bei kleinen Veranlassungen ausspricht, ist es, der die Chinesen gegen die-